Comer See: Geschichte
Wandern

Die Geschichte der Region um den Comer See / Lago di Como / Lario.

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Allgemeines & Spezielles

Die Geschichte der Region um den Comer See ist für sich sehr interessant. Aber es spiegeln sich hier auch die klassischen europäischen Konflikte der Völkerwanderung, des Mittelalters und der frühen Neuzeit. Die Römer geben der Region ihre Infrastruktur und nach der Vereinigung des modernen Italien liegt der Comer See an der Schnittstelle zwischen italienisch-mediterranem Raum und Mitteleuropa.

Vorgeschichte

1800 bis 1200 vor Christus: In der Bronzezeit siedelten sich Jäger, Hirten und Bauern in der Region um die oberitalienischen Seen an.

Etrusker und Kelten

Ab 700 vor Christus: Die Etrusker, deren Kernland in der heutigen Toskana und in Umbrien liegt, expandieren nach Norden. Sie überwinden die Hürde der Poebene, die damals ein unwirtliches, sumpfiges Überschwemmungsgebiet war, und gründen Niederlassungen im Seengebiet zwischen Lago Maggiore und Gardasee.

Ab 400 vor Christus: Die Kelten wandern von Norden über die Alpen in das Seengebiet ein und verdrängen die Etrusker, die sich wieder nach Süden zurückziehen. Für sie werden dort später die Römer eine vernichtende Konkurrenz. Der Keltische Stamm der Insubrer lässt sich an den Seen und in ihrer weiteren Umgebung nieder und gründet in der Poebene eine Siedlung, aus der später Mailand hervorgeht.

Römisches Reich

Ab 196 vor Christus: Die Römer expandieren bis zu den Alpen und gründen in der Region südlich der Alpen die Provinz Gallia cisalpina. Die große keltische Siedlung in der Poebene wird zu Mediolanum, der Stadt in der Mitte.

Die Römer legen die großen Sumpfgebiete trocken und machen sie landwirtschaftlich nutzbar. Sie bauen Straßen durch die gesamte Region und schließen die oberitalienischen Seen an die römische Infrastruktur an. Gallia Cisalpina wird zum Ausgangspunkt der römischen Expansion Richtung Norden und Nordwesten.

Das heutige Como und weitere Regionen am Comer See werden beliebte Standorte für römische Adlige, die hier ihre Ländereien abstecken und prächtige Villen errichten.

Wanden & Trekking. Exkurs Plinius und Ausbruch des Vesuv

Die bekanntesten Vertreter dieser Adelsfamilien sind die beiden römischen Gelehrten Plinius der Ältere (23 bis 79 nach Christus) und sein Neffe Plinius der Jüngere (61 bis 113 nach Christus). Viele historische Dokumente der beiden sind noch heute wichtige Quellen der Wissenschaft. So ist z.B die genaue Beobachtung des Vesuv-Ausbruchs, der Pompeji und Herculaneum verschüttet hat, von Plinius dem Jüngeren exakt dokumentiert worden. Dabei befand er sich in einer sicheren 25 km Entfernung.

Sein Onkel jedoch, Plinius der Ältere, segelte Richtung Herculaneum, um das Schauspiel aus der Nähe zu betrachten. In Stabiae kam er bei dem Ausbruch ums Leben.

Selbst im 20. Jahrhundert beruft sich die Vulkanforschung noch oft auf die Beobachtungen des Plinius und prägte einen Eruptionstyp in der Vulkanologie: Die plinianische Eruption.

Ostgoten, Langobarden & Franken

450 nach Christus: Die Römische Herrschaft zerbricht unter dem Druck der Völkerwanderung. Die abnehmende Stärke des Römischen Reiches und das Vordringen der Hunnen aus dem Osten sind zwei wichtige Faktoren für die Wanderung germanischer Stämme Richtung Westen und Süden.

Ab 520 nach Christus: Zuerst übernehmen die Ostgoten die Reste der römischen Herrschaft in Italien. Die Goten stammen aus dem heutigen Skandinavien und waren zwischenzeitlich in das Gebiet der heutigen Ukraine, nördlich des Schwarzen Meeres eingewandert.Sie kamen in Kontakt mit den Römern und wurden als Föderaten, militärische Hilfstruppen angeheuert.

Durch den Einfall der Hunnen werden die Goten nach Westen abgedrängt und nutzen später die Schwäche des römischen Reiches, um in Italien die Macht zu übernehmen (Link Geschichte Italiens). Etwas später wandern die Langobarden ein und gründen ihr Herzogtum in Norditalien. Auf sie geht der Name der heutigen Provinz Lombardi zurück. Die Langobarden stammen aus dem Bereich der unteren Elbe, wo auch Angeln und Sachsen ursprünglich zu Hause waren. Sie waren schon im zweiten Jahrhundert zusammen mit vielen Sachsen an die Mittlere Donau gezogen und drangen stetig weiter nach Süden vor.

774 wird Karl der Große, der König der Franken vom Papst zur Hilfe gegen die Langobarden gerufen, die den Kirchenstaat bedrohen. Die Franken erobern das Reich der Langobarden und Karl der Große wird im Jahr 800 vom Papst zum Kaiser gekrönt.

Papst, Kaiser & die Oberitalienischen Städte

Ab 900 wird die Koalition zwischen Papst und Kaiser zu einer Konkurrenzsituation. Der Papst fördert die lokalen Fürsten in Oberitalien, um die Macht des Kaisers zu beschränken. Im Bereich des Comer Sees sind es besonders die Bischöfe aus Como und Mailand, die das Seengebiet beherrschen. Aber auch sie geraten bald miteinander in militärische Konflikte.

Nach 1100: Zwischen Mailand und Como tobt ein Zehnjähriger Krieg (1118 bis 1127). Como wird in diesem Stellvertreterkrieg vom Kaiser unterstützt und Mailand vom Papst.

1159 besiegt Kaiser Friedrich Barbarossa die Mailänder und die Republik Como zerstört viele Befestigungen der ungeliebten Konkurrenz. So wird z.B. auch die befestigte Insel Comacina im Comer See, die mit Mailand verbündet war, dem Erdboden gleichgemacht. Anschließend verflucht der Bischof von Como die Insel für alle Ewigkeit.

In Como wird der große Sieg noch heute jährlich beim Palio de Paradello gefeiert. Barbarossa hatte aber nicht lange Freude an seinem Sieg. 1176 wird er in einer Schlacht gegen die vereinigten Oberitalienischen Städte, die Lega Lombarda besiegt. Er muss die Unabhängigkeit der norditalienischen Städte anerkennen und trägt noch eine zusätzliche Demütigung davon. Als Barbarossa die in Oberitalien erbeuteten Schätze über den Comer See in Richtung Chiavenna verschiffen will, wird er kurz vor dem Ziel von einer Flotte aus Gravedona aufgehalten. Die mit Schätzen beladenen Schiffe werden geentert und sogar die Kaiserkrone fällt in die Hände der Lombarden.

Visconti, Sforza und Spanische Habsburger

Im 13 Jahrhundert werden die regionalen Herrschaften in Norditalien immer stärker. Konflikte entstehen immer wieder zwischen den papsttreuen Guelfen und den kaisertreuen Ghibellinen. 

Das Herzogtum Mailand wird von den Visconti geführt und expandiert weit in die Umgebung hinein, z.B. auch bis Bellinzona, zum Comer See bis Chiavenna und ins Valtellina, zum Lago Maggiore und zum Luganer See.

1441: Nachdem die Visconti keinen männlichen Erben mehr haben, heiratet Francesco Sforza die einzige Tochter der Visconti und begründet die Sforza-Linie in Mailand.

16. Jh.: Nach dem Tod des letzten Sforza fällt Mailand an die spanischen Habsburger. Sie bauen am Comer See und im Veltlin (Valtellina) viele Burgen, um ihr Gebiet vor den Bündnern im Norden zu schützen. Diese eroberten jedoch Chiavenna und das Veltlin und besetzten es von 1512 bis 1797.

1629 bis 1631 kommt es  im Herzogtum Mailand und auch am Comer See zu schlimmen Pest-Ausbreitungen. Die Pest war infolge des 30-jährigen Krieges auch durch deutsche und französische Landsknechte weit verbreitet worden.

Ende des 17 Jahrhunderts lassen sich die Adligen der Lombardei die ersten Villen am Comer See bauen, vor allem am klimatisch begünstigten Westufer und im Süden des Sees.

Im spanischen Erbfolgekrieg 1701 bis 1714 (siehe Geschichte Spaniens - Erbfolgekrieg) wird das Herzogtum Mailand von den österreichischen Habsburgern übernommen.

Napoleon, Österreichische Habsburger und Königreich Italien

1796 erobert Napoleon die Lombardei und ruft ein Jahr später einen großen Teil Norditaliens zur cisalpinischen Republik aus. Chiavenna, Bormio und das Valentina sagen sich von den Bündnern los und werden  in diecisalpinische Republik eingegliedert. 

1805 gründet Napoleon sein  Königreich Italien, zu dem auch die Lombardei gehört. Der  Simplonpass wird aus militärischen Gründen ausgebaut, um die Anbindung an die französischen Nachschublinien zu verbessern.

1815: Nach den Entscheidungen auf dem Wiener Kongress kommen Venetien, Südtirol und die Lombardei mit dem Comer See zum habsburgischen Herrschaftsbereich.

Ab 1848 gibt es Volksaufstände und blutige Schlachten, die die Lombardei von den Habsburgern befreien sollen.

1861 wird das Königreich Italien gegründet mit Vittorio Emanuele II als König. Adel und reiche Bürger aus Mitteleuropa reisen immer öfter zur Erholung an den Comer See. Hier entstehen viele Grand Hotels und palastartige Villen.

1882: Die Sankt-Gotthard-Eisenbahn wird eröffnet und bindet die oberitalienischen Seen noch stärker an Mitteleuropa an. Der Tourismus entwickelt sich und bekommt immer stärkere wirtschaftliche Bedeutung.

1914 - 1945: Kriege und Belle Epoque

1914 bis 1918: Im Ersten Weltkrieg entsteht die Cadorna- Befestigungslinie am Norden des Comersees und am Lago die Mezzola. Dazu gehört auch das Fort Montecchio bei Colico. Die Militärs in Italien befürchteten eine deutsch-österreichische Invasion durch die Schweiz.

1919 bis 1940: Zwischen den Kriegen floriert der Tourismus an den oberitalienischen Seen und prägt auch den Comer See als edles Reiseziel für Reiche und Wohlhabende mit prächtigen Hotels.

1940 bis 1945: Zu Italiens Rolle im Zweiten Weltkrieg siehe Geschichte Italiens. Nach der Kapitulation Italiens 1943 gerät der Norden des Landes unter deutsche Besatzung mit Mussolini als Marionettenherrscher. Gleichzeitig kämpfen die Partisanen gegen die deutschen Besatzer und ihre italienischen Handlanger. 

Als gegen Ende des Krieges die Niederlage eindeutig wird, versucht Mussolini mit seiner Verlobten vom Gardasee aus in die Schweiz zu fliehen Am 27. April 1945 wurde er am Westufer des Comer Sees bei Dongo von Partisanen entdeckt, gefangen genommen und am nächsten Tag in Giulino di Mezzegra erschossen. Seine geschändete Leiche wurde später in Mailand zur Schau gestellt.

Nach 1945

1946: Das Ungeheuer vom Comer See wird erstmals gesichtet.

1980: Durch Fertigstellung des Gotthard-Straßentunnels wird Como perfekt an die Autobahn Richtung Bellinzona und Basel angeschlossen. 

Ab 2016 verbessert der Gotthard-Basistunnel die Verkehrsverbindungen zwischen Mitteleuropa und der Lombardei weiter.

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