Körperreaktion
Durch o. g. Gegebenheiten wird weniger Sauerstoff durch die Lunge in den Körper aufgenommen. Der Sauerstoffgehalt im Blut sinkt. Der Körper versucht durch erhöhten Pulsschlag und verstärkte Atmung den Mangel auszugleichen.
Der Körper reagiert: Die Atmung wird tiefer und schneller -> mehr Luft gelangt in die Lunge -> Sauerstoffpartialdruck in Lungenbläschen steigt -> Kohlendioxidkonzentration im Blut sinkt -> Säure/Basengleichgewicht des Körpers wird gestört -> es wird vermehrt Hydrogenkarbonat ausgeschieden, um den PH-Wert konstant zu halten. Die Reaktionen beginnen etwa 1/2 Tag nach Erreichen der kritischen Höhen. Außerdem wird in einem langsameren Prozeß (4-5 Tage) die Zahl der (sauerstofftransportierenden) roten Blutkörperchen (um bis zu 30-50 %) erhöht (Thrombosegefahr).
Normalerweise sind 20-30 % der Blutkapillaren inaktiv. Bei Höhenkrankheit werden einige von ihnen aktiviert, um das Gewebe besser mit Blut zu versorgen. Gleichzeitig wird der anaerobe (sauerstoffunabhängige) Stoffwechsel gefördert. AMS
Die AMS (Acute Mountain Sickness) kann ab 3000 m schwere Probleme bereiten. Einer oder mehrere der folgenden Symptome können auftreten: Erschöpfung, Kopfschmerz, Schwindelgefühl, Halluzinationen, Schlaf- und Appetitlosigkeit, Erbrechen, trockener Husten mit Auswurf, Blau-/Graufärbung von Lippen und Nagelbett (Zyanose).
Um das Gehirn mit genügend Sauerstoff zu versorgen, wird die Durchblutung erhöht. Der Druck im Hirn steigt -> Kopfschmerzen. Da das Blut anderswo gebraucht wird, wird der Magen-Darmtrakt unterversorgt -> Übelkeit, Appetitlosigkeit, Erbrechen.
Cheyne-Stokes-Atmung: Die Atemtiefe nimmt in Stufen zu, darauf folgt eine Atempause von 5-50 Sekunden -> Sauerstoffgehalt nimmt weiter ab (besonders im Schlaf, wenn Atmung nicht kontrolliert werden kann). Die Probleme verschärfen sich. Über Nacht kommt es bei der Höhenkrankheit häufig zur Verschlimmerung. Normalerweise klingen die Symptome nach einiger Zeit ab. Eine Linderung ist nur durch Absteigen auf tiefere Höhen zu erreichen.

Verhaltensregeln
Wichtig ist die langsame Akklimatisation. Man sollte 2-3 Nächte unter 3000 m schlafen. Bei Touren in große Höhen sollte man Aklimatisationstage einplanen.
Climb high - sleep low: Der Bergsteiger sollte die Schlafhöhe immer nur um 500-600 m steigern. Zwischenzeitliches Höhersteigen ist eher nützlich als schädlich, wenn es nicht übertrieben wird.
Nach 10 Tagen steigt die durchschnittliche Anpassung auf 80 %, nach weiteren 5 Wochen auf 95 %.
Ernährung: Viel Trinken ist entscheidend, mind. 4-7 Liter/Tag, das verdünnt das eingedickte Blut und hilft bei der Umstellung des PH-Wertes im Körper. Wenig Kaffee/Alkohol, wenig Fett, viel Vitamine und Kohlenhydrate.
Genug, aber nicht zu viel essen; lieber öfter wenig essen, als sich den Bauch vollzuschlagen! Bei der Verdauung wird viel Sauerstoff verbrannt.
Von Anfang der Tour an Überanstrengungen vermeiden, extrem langsam gehen, kleine Schritte, Puls vom ersten Tag an permanent möglichst niedrig halten. Bewegen wie die Faultiere! Wenn man erst damit anfängt, wenn man von der Höhe gebremst wird, ist es oft schon zu spät.
Atmung kontrollieren, möglichst durch Nase atmen (Austrocknung, Erkältung).
Teleskopstöcke können die Atmung erleichtern.
Ein guter Sonnenschutz ist in der Höhe wichtig. Es kommt oft zur Verstärkung oder Überlagerung der Höhenkrankheits-Symptome durch Sonneneinstrahlung, Erschöpfung oder Dehydrierung. Weitere Tipps für die Höhe siehe unter > Höhenaufenthalte
HAPE
HAPE = Höhenlungenödem. Wasseransammlung in der Lunge. Wasser wird durch hohen Blutdruck ausgepresst. Ein Eintreten des Höhenlungenödems ist ab 2500-3000 m möglich. Symptome beginnen i.d.R. 24 -96 Stunden nach Aufstiegsbeginn. Kurzatmigkeit unter Belastung und trockener Husten (wie bei AMS), Puls und Atemfrequenz steigt weiter, Zyanose-Anzeichen möglich.
Später bleibt die Kurzatmigkeit auch bei geringer Belastung erhalten, allgemeine Abgeschlagenheit. Kopfschmerzen, starker Husten, Appetitlosigkeit. Nagelbett-Zyanose, Rasselgeräusche in der Lunge (Stetoskop). Abhören: Ohr zwischen Schulterblätter des Patienten legen, der tief atmen soll. Vergleich mit gesunder Person.
Später Kurzatmigkeit im Ruhezustand, Puls über 110/min (normal 60-80), Atemfrequenz über 30 (normal 14-18). Brodeln in der Lunge, Husten mit Sekret vermischt, im Extremfall blutiger, hellroter Schaum. Schmerzen im Brustbereich. Gefahr von Cheyne-Stokes-Atmung (s.o.), Bewustlosigkeit möglich.
Lebensgefahr! Sofortige Helikopter-Evakuierung. Sauerstoffgabe 6 l/min. Abstieg mind. 1000 m. Transport in halbsitzender Position, Atmung erleichtern. Gegen Panik beim Patienten ankämpfen. Warm halten, da Kälte zusätzlich Stress auslösen kann. Nach Abstieg 2-3 Tage jede Anstrengung vermeiden.
HACE
HACE = Höhenhirnödem, Relativ selten, ab 3500 m möglich, normalerweise ab 5000 m. Es kommt zur Schwellung der Hirnmasse durch Ansammlung von Flüssigkeit und abgestorbenen Hirnzellen. Symptome sind Sehstörungen, Kopfschmerz, Gefühllosigkeit in Extremitäten, Koordinationsschwierigkeiten, Gedächtnisverlust, Rechenprobleme, extreme Abgespanntheit, langes wiederholtes Erbrechen, Übelkeit, Zyanose, Krampfanfälle.
Die Kopfschmerzen beim HACE reagieren nicht auf Schmerzmittel und werden beim Liegen schlimmer.
Lebensgefahr! Sofort evakuieren. Transport liegend mit leicht erhöhtem Kopf. Sauerstoff geben.
Thrombose
Durch Dehydration wird in großen Höhen das Blutvolumen verringert, rote Blutkörperchen (vom Körper in Höhe vermehrt produziert) können zusammenkleben. Verstopfungen können die Blutversorgung unterbrechen.
Lange Wartezeiten im Zelt und enge Kleidung unterstützen Thromben, besonders in Beinen/Waden. Eine schmerzempfindliche Schwellung entsteht, das Körperteil hinter dem arterienverlegenden Thrombus wird weiß und kalt. Losbrechende Thromben können eine Lungenembolie verursachen.
Vorsorge: Viel Flüssigkeit (4-7 Liter/Tag), Bewegung. Maßnahmen: Kleidung lockern, mit Aspirin Gerinselbildung hemmen, in geringere Höhe transportieren.

Außerdem auftretende Probleme
- periphere Höhenödeme
- Netzhautblutungen
- höhere Neigung zu Erfrierungen
Optimale Anpassung
Die Anpassung kann man nicht trainieren. Trotzdem ist es günstig, wenn man innerhalb der letzten 6 Monate vor der entscheidenden Tour öfter mal in großen Höhen (über 2.500 m) unterwegs war.
Climb High - Sleep Low (möglichst tiefe Schlafhöhe) ist eine alte Regel. Nach meiner Erfahrung ist es aber ungünstig, wenn man zwischen den Übernachtungen zu hoch aufsteigt. Dabei verbraucht man viel Sauerstoff. Lieber sollte man auch tagsüber nur moderate Höhen-Steigerung überwinden.
- Nicht zu schnell aufsteigen.
- Keine anaerobe Anstrengung in der Anpassungsphase.
- Täglicher Schlafhöhengewinn maximal 300 - 500 m.
- Alle 1000 m ein zusätzlicher Ruhetag.
- Möglichst keine Aufstiegshilfen benutzen.
- Hohe Flüssigkeitszufuhr (4-7 Liter/Tag).
- Kohlehydratreiche Nahrung.
- Dont go up until symptoms go down! (Auf Anzeichen von Höhenproblemen achten!)
Die Anpassung kann von der Tagesform, Fitness, und von psychologischen Faktoren beeinflusst werden. Oft bekommen gerade die jungen und fitten Sportler Probleme, weil sie die Höhe nicht ernst nehmen.
Bis ca. 5.500 m Höhe kann man sich mit der Zeit (18-20 Tagen) vollständig akklimatisieren. Bei unter 7 Tagen befindet man sich in dieser Höhe im kritischen Bereich!
Mit einem Pulsoximeter, z.B. dem günstigen Gerät Pulox PO-200 Solo für knapp 20 €, kann man schnell und einfach Puls und Sauerstoffsättigung im Blut kontrollieren. Das gibt Aufschluss über eine erfolgreiche oder erfolglose Akklimatisation.
Zeichen erfolgter Anpassung
- Trainingsgemäße Ausdauer
- Ruhepuls wieder auf persönlichen Normalwert gesunken (vorher messen!)
- Vertiefte Atmung in Ruhe und Belastung
- periodische nächtliche Atmung
- ausreichende Höhendiurese (Harndrang)
Grundregeln
Jeder kann höhenkrank werde, aber niemand muss daran sterben!
- Bewertung von Symptomen: Jede Gesundheitsstörung ist im Zweifel höhenbedingt! Jede ernste Krankheit ist AMS, solange nicht eindeutig etwas anderes vorliegt!
- Nur symptomfrei höher steigen!
- Bei Verschlechterung sofort 500 - 1000 m absteigen!
- Nicht in Fallen laufen, z.B. Hochtäler, aus denen man nur über noch höhere Pässe wieder herauskommt.
- Höhenkranke nie allein lassen!
Im Notfall
1000 hm absteigen, Sauerstoff 2-4 l/min., 250 g Diamox 2 x pro Tag
Drucksäcke (Gamow Bag): Person kommt in Sack, der Sack wird mit Hand- oder Fuß-Pumpe unter Druck gesetzt. Diese Methode lindert Probleme der leichten AMS, kann aber auch bei schwereren Fällen Zeit gewinnen. Problem: Platzangst, Trommelfälle können platzen. Dauer der Behandlung maximal 4-6 h. Mehr siehe unter Gamow Bag.

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