Panik­attacken im Gebirge
Wandern

Wie kommt es zu Panik auf Bergtouren und welche Rolle spielt die Angst im Gebirge?

Watzmanntrek, Steinernes Meer

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Allgemeines & Spezielles

Angst gehört zum Leben dazu und ist ein wichtiges Regulativ. Angst kann nicht nur beim Bergsport jeden in unterschiedlicher Heftigkeit treffen. Und Panik ist die höchste Eskalationsstufe der Angst. Gerade beim Wandern, Trekking oder Bergsteigen im Gebirge kann Angst Gesundheit und Leben retten - aber Panik behindert eher eine zielgerichtete Bearbeitung der gefährlichen Situation.

Reither Spitze, Seefeld

Wer aber die Eskalation der Angst bis zur Panik schon erlebt hat, sucht oft nach Möglichkeiten, Panik und Panikattacken auf Bergwanderungen und Klettertouren zu vermeiden. Manche konsultieren dazu die Apotheke ihres Vertrauens oder schwören auf Notfalltropfen oder CBD Öl 15 Prozent. Am wichtigsten ist aber, zuerst mal an die Ursachen von Panikattacken heran zu gehen (s.u.).

Wie oft kommen Panikattacken in den Bergen vor?

Im Jahr 2021 hat der Deutsche Alpenverein eine Umfrage bei seinen Mitgliedern gestartet. Dabei haben 14 % der Befragten zugegeben, innerhalb der letzten zehn Jahre mindestens einmal eine Panikattacke im Gebirge gehabt zu haben.

Von dieser Gruppe war allerdings gut 70 % nur einmal betroffen. Das ist auch ein Hinweis darauf, dass Panikattacken im Grunde jeden Bergsportler treffen können, meistens komplett unerwartet. So berichteten auch über 60 % der Betroffenen, dass die Panik-Zustände sehr überraschend aufgetreten sind. Dabei erlebten etwas weniger als die Hälfte der in Panik geratenen die Attacke als gefährlich und ein Drittel sah sich durch die Panik in der eigenen Handlungsfähigkeit stark eingeschränkt.

Bergwanderer und Bergsteiger, die häufiger von Panikattacken betroffen werden, gibt es eher selten. Nur 4 % der insgesamt Befragten in der Alpenvereinsstudie haben angegeben, wiederholt am Berg Panikattacken bekommen zu haben.

Was ist es? Angst oder Panik?

Aber wie unterscheidet man eigentlich eine normale, gesunde Angst von einer Panikattacke? Letztere wird beschrieben als eine Angst, die nicht mehr oder nur noch sehr schwer kontrolliert werden kann. Auch das Gefühl, sich selbst nicht mehr im Griff zu haben, charakterisiert eine Panikattacke.

Dagegen ist die normale Angst ein wichtiges Hilfsmittel und oft ein guter Berater in potentiell gefährlichen Situationen. Aufkommende Angst ist wie ein Alarmsignal, das uns auf Gefahren hinweist, die sonst oft nicht ernst genug genommen werden. Angst fördert in gefährlichen Situationen die Konzentration auf das Wesentliche. Und das ist in dem heiklen Moment das unverletzt Bleiben und in den Bergen oft genug auch das blanke Überleben.

Angst vor wahrgenommener Gefahr ist eine Art von Stress, auf den der Mensch automatisch und unbewusst mit drei verschiedenen Strategien reagiert: Kampf, Flucht oder Schockstarre. Die Kunst ist aber, sich nicht diesen Reflexen hinzugeben, sondern bewusst und zielgerichtet auf die Gefahr zu reagieren. Bei Angst in einer geringeren Ausprägung ist das noch leicht möglich und diese hilft uns dann sogar dabei, uns ausschließlich auf die Vermeidung der Gefahr oder den konstruktiven Umgang mit der Gefahr zu konzentrieren.

Watzmann Abstieg

Geringere Angst kann relativ leicht kontrolliert werden. Beim Wandern oder Klettern im Gebirge verhindert sie Unfälle durch Unachtsamkeit oder mangelnde Konzentration. Bei aufkommender Angst setzt man jeden Schritt vorsichtiger und gezielter, achtet auf die Gehtechnik, stolpert nicht an Abgründen entlang und man achtet besonders darauf, keine Fehler zu machen. Auch dadurch ist es zu erklären, dass Unfälle im Gebirge oft gar nicht an den objektiv gefährlichsten Stellen passieren, sondern viel häufiger in als wenig gefährlich empfundenen Gelände, in dem man keine Angst hat.

Von der Angst zur Panikattacke

Bei stärkerer Angst wird es dann aber immer schwieriger, ruhig zu bleiben. Die nächsten Eskalationsstufen der Angst sind gekennzeichnet von starker Furcht über Verzweiflung bis hin zur Panik. Auch körperliche Reaktionen kommen dann ins Spiel: Erhöhter Puls, schnellere Atmung, schwitzende Hände, Schwindel, Muskelanspannung und sogar Schmerzen in der Brust können auftreten. Menschen in Panikattacken ändern ihre Mimik, und auch das Sprechen klingt plötzlich anders.

Bei Panik erlebt der Betroffene einen subjektiven Kontrollverlust und wird in seiner Handlungsfähigkeit eingeschränkt. Trotzdem kommt es auch in diesen Extremsituationen i.d.R. nicht zu irrationalen oder gefährlichen Handlungen.

Was sind die Ursachen und wie vermeide ich Panik am Berg?

Es gibt viele Möglichkeiten, im Vorfeld das entstehen einer Panikattacke zu verhindern oder mindestens das Risiko für ihr Auftreten zu minimieren. Dazu muss ich an die Faktoren heran, die eine Panikattacke begünstigen. Und das sind im Wesentlichen Stress, Anspennung, mangelnde Fitness, Müdigkeit und eine schlechte oder fehlende Tourenplanung.

Wanden & Trekking. Stress und Anspannung begünstigen die Panikattacke

Stress, Anspannung, Angst und Panik sind Stufen, die aufeinander aufbauen. Je höher der Grad der Anspannung, mit der man auf eine Bergtour geht, desto schneller kommt Angst auf und desto eher wird man von einer Panikattacke überrollt.

Diese Anspannung kann ganz unterschiedliche Gründe haben: Stress im Beruf, ungelöste Konflikte in der Familie, eine stressige Anreise - sogar positive Erlebnisse oder Euphorie können eine gewisse Anspannung verursachen.

Liegt dieses Level der Anspannung schon recht hoch, ist die Widerstandsfähigkeit gegen Angstzustände und Panikattacken nicht mehr sonderlich groß. Das bedeutet im Umkehrschluss, wer Panikattacken beim Bergwandern oder Bergsteigen vermeiden will, der sollte seine Tour möglichst entspannt beginnen.

Das kann dafür sprechen, nicht direkt aus dem Bürostress ins Auto zu springen und zur Bergtour zu fahren. Stattdessen sollte man die Sache eher ruhig angehen, sich vom Bürostress erholen, in Ruhe packen und in Ruhe zur Bergtour anreisen.

Wanden & Trekking. Die Tourenplanung ist die Grundlage einer sicheren Bergtour

Ein weiteres Mittel zur Vermeidung von Panikattacken und Angstzuständen auf Bergtouren ist eine gute > Tourenplanung. Hier sollten alle Faktoren bedacht werden, die eine Bergtour gefährlich machen können. Der Anspruch an den Bergsteiger sollte zu seiner persönlichen Leistungsfähigkeit und zu seinem Erfahrungshorizont passen.

Bergrettung

In den letzten Jahren bestand ein Großteil der Rettungseinsätze der Bergwacht aus Fällen, in denen Bergsteiger sich überfordert hatten und plötzlich - z.B. am Klettersteig - nicht mehr vor oder zurück kamen (Blockierung). Andere Aspekte wie die Wetterbedingungen, der Zeitplan oder mögliche Verkürzungen der Tour sollten so beschaffen sein, dass man auch auf eine schlechte Tagesform gut reagieren kann.

Wanden & Trekking. Gesund und ausgeruht auf Tour

Außerdem sollten bestimmte körperliche Faktoren wie Schlafmangel oder gesundheitliche Hemmnisse wie eine nicht komplett auskurierte Erkältung beachtet werden. Dieses sind weitere gängige Stressfaktoren, die die Resilienz gegen Panikattacken verringern.

Bei Müdigkeit oder Gereiztheit sollte ich die Tour entschärfen oder ganz auf sie verzichten, denn wer mit solchen Voraussetzungen in eine potenziell gefährliche Bergtour einsteigt, der wird deutlich schneller die Panikschwelle erreichen, als ein entspannter, gesunder und ausgeschlafener Bergsteiger.

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