Gefahren & Notfälle auf Bergwandertouren
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Gefahren und Unfallrisiko |
Objektive und subjektive GefahrenIn der Theorie unterscheidet man zwischen objektiven Gefahren und subjektiven Gefahren. Während die objektiven Gefahren sehr griffig und den meisten Bergwanderern und Bergsteigern präsent sind, kommen die subjektiven Gefahren etwas schwammiger und getarnter daher und werden so oft aus den Augen verloren. Daher ist es besonders wichtig, sich auch mit ihnen zu beschäftigen. Das gilt auch schon bei der Tourenplanung. Subjektive Fehlleistungen als häufige Unfallursachen:Hier ein paar Beispiele für subjektive Risikofaktoren:
Objektive Unfallursachen:Und hier ein paar Beispiele für objektive Risikofaktoren:
Diese objektiven Bedingungen werden in der Tourenplanung häufiger beachtet, als ihre subjektiven Mitspieler. Letztlich muss eine sichere Tour aber unter Berücksichtigung aller Faktoren geplant und organisiert werden. Alle Faktoren verstärken sich gegenseitig > die Gefahr steigt exponentiell. Erst die Kombination oder die Verkettung unglücklicher Umstände führt zu dramatischen Problemen oder zur Bergnot. Risikofaktoren verstärken sich gegenseitigBerg-Unfälle haben meist mehrere Gründe, z.B. Ausrüstung, körperliche Verfassung und Wetter. Die fehlende Regenkleidung wird erst bei einer Wetterverschlechterung zum Problem. Dieses Problem ist mit einer guten körperlichen Verfassung vielleicht noch nicht gefährlich, kommen Krankheit, Schwächung oder Erschöpfung dazu, wird es allerdings sehr schnell lebensbedrohlich. 2/3 der Unfälle im Gebirge treffen Wanderer. Im Vergleich zu Extremsportlern sind bei Wanderern die subjektiven Unfallursachen weit verbreitet. Ca. 50 % der Unfall-Beteiligten waren vor 20 Jahren jünger als 20 (wenig Erfahrung, hohe Risikobereitschaft). Heute ist daneben ein zweites Maximum im Altersbereich 50 bis 65 entstanden (Selbstüberschätzung, körperliche Verfassung). Die Peaks bei bestimmten Altersklassen deuten auf die große Bedeutung der subjektiven Unfallursachen hin. Von den Wanderunfällen ereignen sich ...
Wie kann der Wanderführer subjektive Fehlleistungen verhindern / vermeiden?
Ein paar Zahlen zur MortalitätKnapp 300 Menschen sterben jährlich in den Österreichischen Alpen an unnatürlichen Todesursachen. 200 davon sterben bei klassischen Bergsportarten, die anderen 100 im Verkehr, durch Suizid, bei der Arbeit usw ...
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Wetter-Gefahren |
Mittelbare und unmittelbare WetterwirkungBei den Wettergefahren unterscheidet man in der Theorie zwischen Gefahren, die den Wanderer unmittelbar bedrohen und Gefahren, die den Bergsportler indirekt gefährden. unmittelbare Wettergefahren (Wirkung auf den Wanderer):
mittelbare Wettergefahren (Wirkung auf Gelände, Ausrüstung etc.):
BlitzschlagBlitzschlag gehört besonders in den Bergen zu den großen Gefahren. Blitze können - räumlich wie zeitlich - auch deutlich vor oder nach einem Gewitter auftreten. 30-30-Regel: Wenn der Abstand zwischen Blitz und Donner weniger als 30 Sekunden beträgt, befindet man sich in der Gefahrenzone. Erst 30 Minuten nach dem letzten Blitz oder Donner ist man wieder sicher. Unwahre Gerüchte:Es gibt viele Gerüchte um das Thema Blitzschlag, von denen einige nicht stimmen:
Guter Schutz:Einen guten Schutz vor Blitzschlag findet man an folgenden Orten:
Schlechter Schutz:Einen schlechten Schutz bieten, auch wenn auf den ersten Blick anders zu erwarten, folgende Orte:
Gefahr:
Verhalten bei Gewitter mit geschlossenen Beinen Kauerstellung einnehmen Achtung: durch unkontrollierte Muskelkontraktionen oder Schockwelle des Blitzschlages besteht Absturzgefahr! Viele Unfälle ereignen sich im Vorfeld von Gewittern bei übereiltem Rückzug. Trotz gebotener Eile: Ruhe bewahren! Nach dem Blitzschlag Die häufigsten Todesursachen sind Herz- oder Atemstillstand. Durch Wiederbelebungsmaßnahmen können viele Betroffene gerettet werden, die dann meist wieder vollständig genesen. Also: Erste-Hilfe-Kurse auffrischen! Siehe auch > Wetterseminar UnterkühlungUnter Unterkühlung versteht man ein starkes Absinken der Körpertemperatur. Symptome sind Muskelzittern, schneller Puls und schnelle Atmung sowie schwindende Muskelkraft. Unterkühlung gepaart mit Erschöpfung ist eine der häufigsten Todesursachen bei Bergwanderungen! Unterkühlung kann bei ungünstigen Bedingungen schon bei + 10 Grad C auftreten (z. B. nach Verletzungen, Nässe ...). Die erste Warnung, das Zittern, wird durch Alkohol häufig außer Kraft gesetzt. Außerdem verhindert Alkohol im Blut die körpereigenen Maßnahmen zum Wärmeerhalt. Daher ist Alkohol zum "Wärmen" absolut ungeeignet. Maßnahmen bei Unterkühlung: Schutz vor weiterer Auskühlung. Das Wichtigste: Vorbeugung! (s.u.) ErfrierungenErfrierungen sind meist lokale Zerstörungen von Körpergewebe durch Frost.
Maßnahmen: Erfrorene Stellen mit eigener oder fremder Körperwärme anwärmen. Nicht mit Schnee einreiben. Wie schütze ich mich gegen wetterinduzierte Gefahren ? Vorbereitung: Wetterbericht. Bei ca. 80 % der wetterbedingten Unfälle ist die Wetterprognose richtig (Vermeidbarkeit!). 3 Grundregeln !!! Aktuelle Wettervorhersage für Tourengebiet einholen |
Steinschlag |
besonders häufig nach Regen, Frostwechsel und starken Temperaturschwankungen (auch Tag/Nacht) MaßnahmenVermeiden! |
Gefahren in Schnee und Firn |
Nicht nur im Hochgebirge!
Flüsse oder Bäche unter Schneefeldern überwächtete Grate Viele Abstürze bei Firnfeldquerungen
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Risiko Herz/Kreislauf |
Einige Zahlen (Quelle: DAV) Häufige Unfälle beim Wandern durch Kreislaufprobleme, Überlastung und Erschöpfung (20 % der Wanderunfälle) Maßnahmengroße Anstrengungen am 1. Tag vermeiden Siehe auch |
Typische Zwischenfälle |
Hitzeohnmacht & Hitzeerschöpfung Behandlung: kühle Umgebung, Kleidung öffnen, leichte Schocklage, kühle Wickel, trinken Dehydratation (Austrocknung)Hat man zu wenig getrunken, sinkt die Leistungskurve rapide ab. Schnelle Erschöpfung ist die Folge. Auch, wenn das Gewicht schwer im Rucksack lastet: Genügend Wasser sollte auf jeder Bergtour mitgenommen werden. Denn gerade in Kalkgebieten findet man unterwegs oft keine Quellen. Und das Trinken aus Bergbächen ist nicht zu empfehlen. Auch wenn das Wasser noch so klar aussieht, es ist oft keimbelastet und kann zu Durchfällen führen. Bei der Wasserzufuhr sollte der Wanderer mehr auf seine Vernunft hören, als auf seinen Durst. Letzterer tritt nämlich oft garnicht oder zu spät ein. Bei großer Hitze und/oder in großen Höhen kann der Wasserbadarf auch schon mal bei 5 Liter Getränk am Tag liegen. Wenn man morgens schon mal ordentlich trinkt, liefert das eine gute Basis. Man kann aber nicht für mehrere Stunden auf Vorrat trinken, daher muss man auch unterwegs regelmäßig Wasser zuführen.
UnterzuckerUnterzucker ist ein sehr häufig auftretendes Problem im Outdoorsport und führt zur schnellen Erschöpfung. Es tritt häufig auf, wenn zu wenig gegessen wurde, z.B. wenn man nicht oder kaum gefrüstückt hat und dann körperliche Leistungen abrufen will. Die schlagartige Erschöpfung mit ausgeprägtem Unwohlsein kann aber schnell kuriert werden.
Zu allen drei Diagnosen siehe auch
Gefahr durch Weidevieh"Gefahr durch Kühe" hört sich erst mal etwas merkwürdig an. Trotzdem steigen in den letzten Jahren die Unfälle durch Weidevieh in den Alpen. Das liegt am erhöhten Besucherdruck, d.h., es wandern heute viel mehr Menschen in den Alpen, als früher. Aber auch die Einstellung der Menschen und deren Erfahrung mit Tieren hat sich geändert. So entstehen gefährliche Situationen oft völlig unnötig durch das falsche oder leichtsinnige Verhalten der Wanderer. Kühe wirken auf den ersten Blick behäbig, lieb und harmlos. Wenn sie sich aber angegriffen fühlen oder ihre Kälber bedroht sehen, werden sie plötzlich flink und aggressiv. Und kräftig und (oft) mit mächtigen Hörnern versehen sind sie sowieso. Rinderunfälle sind neueres Phänomen:Der moderne Mensch hat die Erfahrung mit Weidetieren verloren und die Viehhaltung auf Almen hat sich geändert. Früher wurden überwiegend Milchkühe gehalten, die täglich zwei mal gemolken wurden und den ständigen Kontakt mit dem Menschen gewohnt waren. Aufgrund gesetzlicher Regelungen findet man aber zumindest in den EU-Ländern immer weniger Milchkühe und statt dessen Fleischrassen und Jungtiere. Diese haben seltener Kontakt mit den Hirten und sind oft tagelang allein auf den Hochweiden unterwegs. Entsprechend sind sie scheuer, schreckhafter und eher verteidigungsbereit. Viele Unfälle passieren zum Beispiel, wenn man einen Hund an der Leine hat, der eine Kuh verbellt. Da kann dann das Frauchen oder Herrchen schnell mal mit zum Ziel der Attacke werden. Ich habe auch schon vielfach gesehen, dass sich Erwachsene mit Kindern auf dem Arm für ein Foto an die Kuh stellen und sie vielleicht sogar streicheln. Das geht meist gut, aber viel zu oft auch nicht. Man sollte in solchen Fällen genau wissen, was man tut. Und - sorry - das wissen unerfahrene Stadtmenschen oft genug nicht.
Vermeidung:
BlockierungMittlerweile werden fast die Hälfte der Bergsportler in den sommerlichen Alpen unverletzt gerettet. Häufig sind diese Fälle auf Blockierungen zurückzuführen. Anders als früher ist der Respekt vor der geplanten Tour gesunken. Man kann das auch Selbstüberschätzung nennen. Ob das an Gedankenlosigkeit, einer merkwürdigen Konsumhaltung, höherer Risikobereitschaft, der verbesserten Netzabdeckung für Mobiltelefone liegt oder an allgemeinen gesellschaftlichen Tendenzen, kann man munter diskutieren. Mir sagte mal jemand in einer schwierigen Situation am Berg: "Wenn das gefährlich wäre, dann wäre es doch verboten!" Und das war kein Scherz ... Statistik:Ein Drittel der Notrufe in den österreichischen Alpen stammen von Unverletzten. Blockierung, Selbstüberschätzung und Überforderung sind hier die Gründe. |
Alpines Notsignal und andere Notrufe |
Alpines Notsignal6 x pro Minute Signal geben (optisch/akustisch) Notsignal akustisch, optisch per ... Yes or No?Bei Sichtkontakt gibt es ein weiteres internationales Notsignal: Yes or No? Y = Yes = ich brauche Hilfe: Eine Person steht aufrecht mit geschlossenen Beinen und über dem Kopf ausgebreiteten Armen. Sie bildet ein Y nach. N = No = ich brauche keine Hilfe: Eine Person seht aufrecht mit geschlossenen Beinen, hebt den rechten gestreckten Arm und senkt den linken. Sie formt den mittleren schrägen Balken des Buchstaben N. Dieses System eignet sich auch, um ggf. mit einem Helikopterpiloten zu kommunizieren und seine Fragen mit Ja oder Nein beantworten zu können. Notruf per Handy ohne Empfang
So bekommt man Zugang zu allen Netzen, unabhängig von Betreiber und Vertrag. Siehe auch ... |
Notfall managen! |
MaßnahmenSelbstschutz hat oberste Priorität! Die Gruppe braucht eine einsatzfähige Führung, ein Verletzter braucht einsatzfähigen Retter. Die Gruppe sollte in Sicherheit sein oder in Sicherheit gebracht werden. Gäste sollte man beschäftigen, das beugt blindem Aktionismus, Hilflosigkeit und Hysterie vor. Gruppe weiterhin führen! Verletzten vor weiterem Übel schützen, aus der Gefahrenzone bringen (Rautek-Griff, Ziehen an Kleidung oder per Plane) Erste Hilfe leisten (regelmäßig Kenntnisse auffrischen!) Notruf absetzen (im Zweifel für den Helikopter! Bsp. Nepal) Verletzten betreuen (Zuspruch, Wärme, Beobachten ...)!!! Gruppe nicht vergessen (Bsp. Zugspitze)! Auch hier können sich Verletzte, Erschöpfte oder Unterkühlte befinden, auf die in der Rettungshektik keiner achtet. Notruf absetzen Übersicht verschaffen Notfall klar erfassen Notrufnummer 112 ... oder? Welche Informationen?Wo? Ortsbezeichnung, Koordinaten, Höhe ... (zuerst Standort angeben, falls Kontakt abbricht! Bsp. Handyakku) Siehe auch |
Helikopter-Rettung |
Landefläche vorbereiten 50-100 m Anflugbereich
Helikopter einweisenGruppe aus dem Landebereich entfernen |
ein paar Zahlen |
Unfallstatistik Alpen Wanderunfälle 29,6 % Häufigkeit der Arztbesuche pro 1000 Stunden Sportausübung Wandern (0,1)
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Literatur |
Empfehlenswerte QuellenPit Rohwedder: Outdoor Leadership. Führungsfähigkeiten, Risiko-, Notfall- und Krisenmanagement für Outdoorprogramme (Praktische Erlebnispädagogik). Pit Schubert: Sicherheit und Risiko in Fels und Eis (Band 1-3). Spannende Schilderung und Analyse unterschiedlichster Bergunfälle in den Alpen. Weitere Schriften
FilmIn Bergnot: Alpenurlauber in Gefahr. Gesendet 02.01.2019, Dokumentarfilm, SWR |
Links |
www.TrekkingGuide.de/gesundheit.htm: So bleibt man auf Wanderreisen gesund. www.TrekkingGuide.de/wetter.htm: Vermeidung wetterbedingter Notfälle. Bergwandern gefährlicher als Autofahren? Zum Unfallrisiko beim alpinen Wandern. Rainer Brämer (5 Seiten pdf) Tourist-Online.de/bergsicherheits-guide: Viele Informationen zum Thema Bergsicherheit als kostenloser Download (pdf). weitere Literatur unter > Literatur |