Glazialmorphologie ist die Lehre, die sich mit der Formenbildung durch Eis beschäftigt.

Allgemeine Übersicht über die Vergletscherung Islands
Ca. 11% von Island sind mit Eis bedeckt (11.800km², mehr als die Fläche von Zypern) -> Island ist das am meisten mit Eis bedeckte Land Europas
Gletscher entstanden vor ca. 2500 Jahren, als eine feuchte, kühle Phase begann -> jung u. kein Überbleibsel d. letzten Eiszeit (Eiszeit endete v. ca. 10 000 Jahren)
Gletscher bleiben kleiner als heute bis ins Mittelalter
Ab 14. Jh. Abkühlung unter feuchten Bedingungen -> Wachsen d. Gletscher, Siedlungen werden z. T. zerstört
16. Jh. - 1920: "Kleine Eiszeit" -> weitester Eisvorstoß in Nacheiszeit, maximale Vereisung 1890
Rückgang d. Eises bis 1960, seitdem Stagnation bzw. leichte Vorstöße. Seit ca. 2000 extrem starke Rückgänge.
Isländische Gletscherregionen
Südliche Provinz: u.a. Eyjafjalla-, Mýrdals-, Hofs-, u. Vatnajökull (südliche Teile davon); Niederschlagswerte v. 4000mm / Jahr
Zentrale Provinz: u.a. Lang,- Hofs-, Snaefells- u. Vatnajökull; Niederschlagswerte v. 400mm / Jahr
Nördliche Provinz
Gletscher finden wir in Island wegen ...
Nördlicher Lage mit Breitenlage zwischen 63,5° u. 66,5°
Niedrige Sommertemperaturen mit 11,2°C im Julidurchschnitt
Heftiger Niederschläge (Islands Lage zwischen tropisch - maritimen u. polaren Luftmassen sowie d. Golfstrom, der viel Feuchtigkeit bringt)
Verschiedene Gletscher
Vatnajökull -> "Wassereis"
8300km² -> größter Gletscher Islands u. Europas (doppelt so groß, wie alle Gletscher d. Alpen zusammen, größer als Korsika), 70% d. vergletscherten Fläche Islands
3. größte Eisfläche d. Welt nach Antarktis u. grönländischem Inlandeis
Eispanzer im Mittel 400m dick, an dickster Stelle 1000m (!)
Größte Ausdehnung zwischen 18. u. 19. Jh., deutliche Gletscherregression seit 1890
Plateaugletscher
Produkt aus mehreren zusammengeflossenen Hochgebirgs- u. Plateaugletschern: Öraefajökull, Esjufjöll, Breidabunga, Kverkfjöll, Grimsfall
Geologischer Untergrund: größtenteils jungvulkanisches Tafelland Zentralislands (folgende Vulkansysteme schlummern unter seiner Eisdecke: u.a. Grimsvötn, Kverkfjöll, Bárdarbunga, Háabunga, Breidabunga)
Könnte unter heutigen Klimabedingungen nicht entstehen, denn nur 10% d. Gletscheruntergrundes liegen über 1100m ü. NN (= Schneegrenze), so dass nur seine höchsten Gebiete einer Vergletscherung unterzogen wären
Bildet Wetterscheide zwischen kalten polaren Luftmassen im Norden u. warmen ozeanischen Luftmassen im Süden
Skeidarárjökull
Gehört zum Vatnajökull
Typischer Auslaufsgletscher
In Tiefen bis 100m ü. NN
30 km breit
Schmelzwasserabfluss geregelt über 3 Flußsysteme
Ca. 3km langer Moränengürtel
Breidamerkurjökull
Im südlichen Bereich d. Vatnajökull
Gesamtfläche v. 1183km² (ca. 14% d. Gesamtmasse d. Vatnajökull)
Typischer Talgletscher
Ca. 20km lang, 10km breit
Größte Ausdehnung 1894
Abschmelzen d. Gletschers: Verlust v. 49% d. Gesamtvolumens, Freigabe einer Fläche v. 52km²
Langjökull
Junger Plateaugletscher
60km lang, 30km breit
Gesamtfläche 950km² -> 2.größter Gletscher Islands
Zwischen 1860 u. 1966 verkleinerte sich Volumen um ca. 30km³
Einheitliches Gletscherbild, an einigen Stellen v. "Nunataks" durchbrochen
Gletscher liegt an vielen Stellen über postglazialer Lava
Hofsjökull
Junger Plateaugletscher
Erstreckt sich uhrglasförmig über zentralisländisches Hochland
Gesamtfläche 910 km² -> 3. größter Gletscher in Island
Mýrdalsjökull u. Eyjafjallajökull
Gletschersystem
M: 600km² groß, Durchmesser v. 30km -> 4. größter Gletscher Islands
E: 80km² groß, 1666m hoher Berg unter Gletschereis
Umfassen mehrere subglaziale Vulkane, u. a. Katla (unter Mýrdalsjökull)
Wie entsteht ein Gletscher?
Gletschergebiet besteht aus Nährgebiet (liegt oberhalb d. Schneegrenze, hier entsteht d. Gletscher) u. aus Zehrgebiet (liegt unterhalb d. Schneegrenze, hier schrumpft d. Gletscher u. lagert sein mitgeführtes Material ab)
Gletscher entstehen, wenn mehr Schnee fällt, als durch Verdunstung u. Schmelzen verloren geht
Wiederholtes Schmelzen u. Frieren v. abgelagerte Schneemassen -> Verdichtung zu körnigem Firn, schließlich zu Eis (besondere Kristallstruktur aufgrund d. hohen Drucks durch d. aufliegenden Schnee)
Ab einer bestimmten Dicke d. Eisschicht wird Gletschereis plastisch (durch Druck) u. der Gletscher beginnt, wegen seines Gewichts hangabwärts zu kriechen
Kriechgeschwindigkeit sehr unterschiedlich: 1m - 25m pro Tag
Gletschertypen
Plateaugletscher
Begraben Landschaft flächenhaft
Große Inlandsvereisungen wie in d. Antarktis u. auf Grönland
Ausnahmen: "Nunataks": isolierte, über d. Oberfläche v. Gletschern bzw. Inlandeis aufragende Felsen od. Berge
Talgletscher
Eiszungen, d. v. Plateaugletschern durch Täler ins Vorland hinabfließen
Langsame Ströme, nehmen meist gesamte Breite d. Tales ein
Eis an Oberseite d. Gletschers ist spröde -> fließt Gletscher über Hindernis, wird Oberfläche in Eisbruchstücke zerlegt u. Gletscherspalten reißen auf
In Tälern schmelzen Zungen d. Talgletscher ab
Kargletscher
"Hängegletscher"
Entstehen an hoch gelegenen Hängen oder Mulden, wenn d. Bedingungen zur Firn- u. Eisbildung gegeben sind
An 3 Seiten v. Felswänden umgeben
Eisfläche meist nur wenige km² groß
Wenn Eis abschmilzt, bleibt wannenförmige Hohlform übrig -> Wohnsitz d. Trolle
Gletscherbewegungen
Ab einer bestimmten Mächtigkeit d. Eisdecke (18 - 50m) wird diese so schwer, dass sie deformiert wird u. beginnt, sich zu bewegen
Gewicht d. Eismasse + Erdanziehung -> Gletscherbewegung
Gletschergrund fließt langsam über geologischen Untergrund, wird v. Reibung aufgehalten -> Oberseite fließt schneller
Formen, die durch Gletscherbewegungen entstehen
Gletscherspalten
Auffallendste u. charakteristischste Gletschersturktur
Risse u. Klüfte in starrer Oberfläche d. Eismasse
Spalten entstehen in brüchiger Kruste wegen Bewegung d. Eises aufgrund v. Differenzen in Fließgeschwindigkeit (wegen Widerstand u. Reibung) besonders an Gefällsknicken (sog. Sérarcs -> Gletscherspalten, die quer zur Fließrichtung an Gefällsknicken entstehen)
Quer-, Längs-, Rand- u. Radialspalten
Inneres plastisch fließendes Gletschereis ist spaltenfrei
Gletscherspalten sind zunächst konkav, werden aber bei weiterem Fortschreiten gerader (Weil Gletschermitte schneller fließt als Randbereiche)
Können geschlossen werden, wenn Eismasse komprimiert wird
Können Lage u. Orientierung ändern, was durch Gletscherfluss bestimmt wird
Längen: wenige - 1000m
Breite: bis zu mehreren Metern
Tiefe: bis zu einigen 10er - Metern
Surge
Quasiperiodischer Wechsel in d. Bewegung d. Eises von einer normalen, über einen längeren Zeitraum konstanten Geschwindigkeit zu einer schnellen Fortbewegung der Eismasse, die sich in einem sehr kurzen Zeitraum abspielt
-> gewaltige Umverteilung d. Eismassen unter Beibehaltung des eigentlichen Gletschervolumens
Eis wird in relativ kurzer Zeit über weite Strecke transportiert
Geschwindigkeiten an Gletscheroberfläche u. -sohle sind fast gleich
Treten besonders bei Auslassgletschern d. Vatnajökull auf
Entstehungsvoraussetzungen:
Enge Korrelation zwischen Geschwindigkeit, Wasserdruck u. Hebung d. Gletschers
1. im oberen Teil nimmt Geschwindigkeit d. Gletscherbewegung in kurzer Zeit um ein Vielfaches zu und nach kurzer Zeit wieder ab
2. Gletscher füllt sich mit Wasser -> im Gletscher nimmt Wasserdruck zu -> plötzliche Entleerung -> Wasser schiebt sich wie Keil unter Eis -> Gletscher wird angehoben u. beginnt zu schwimmen (da Reibung vermindert wurde)
3. Gletscher reagiert so lange mit hoher Geschwindigkeit, bis Wasserüberdruck nachlässt, dabei wird er nur noch durch Reibung d. seitlichen Talhänge u. größerer Bodenunebenheiten daran gehindert, völlig außer Kontrolle zu geraten
Gletscherläufe
"Jökulhlaups"
Flutwellen in proglazialen Flüssen
Transportieren große Mengen an Schutt u. Eis
Können Abflussmengen von bis zu 500 000m³/sec erreichen (Vgl. Amazonas: 200 000m³/sec)
Können wenige Stunden bis mehrere Wochen dauern, Menge des mitgeführten Materials ist dabei sehr unterschiedlich
abfließende Wassermenge hängt stark v. Größe d. Gletschers ab (bei mächtigen Gletschern ist viel aufgestautes Wasser nötig, um einen Gletscherlauf auszulösen, bei kleinen Gletschern entsprechend weniger)
Gletscherläufe entstehen
a) durch Brechen v. Eisdämmen am Rand v. Gletschern
Abflussbahnen unter Gletscher sind verstopft -> permanenter Wasserablauf ist nicht möglich, Wasser wird viel mehr aufgestaut -> bei ausreichend großer Menge wird Gletscher angehoben
b) durch Ausbruch subglazialer Wassermassen, die d. Gletscher zu heben vermögen. Wenn Wasser ca. 9/10 d. Gletscherdicke erreicht hat ("kritischer Level"), kann es diesen aufschwemmen u. dann abfließen. Ursachen:
Subglaziale Vulkanausbrüche
unter Gletscher bricht Vulkan aus, ausgestoßene Lava bringt Eis zum Schmelzen -> subglaziales Wasserreservoir wird gebildet, dieses kann ausbrechen
Bsp.: Katla (großer Vulkan mit Caldera) unter d. Mýrdalsjökull; Nachweis für Caldera: Depression im Eis
Geothermische Aktivität
Unter Gletscher befindet sich eine Magmakammer -> Hitze dringt nach oben u. bringt Eis zum Schmelzen -> subglaziales Wasserreservoir wird gebildet, dieses kann ausbrechen
Bsp.: Grimsvötn (eine mit Schmelzwasser gefüllte Caldera, Wassereinzugsgebiet ca. 160km², Depression ca. 60km²) unter Vatnajökull, siehe Kopien zum Ausbruch 1996
31. Juli 1999: vulkanische Aktivitäten nahe bei d. Kverkfjöll -> großer Gletscherlauf durchs Tal d. Flüsse Kreppa u. Jökulsá á Fjöllum -> Zerstörung d. Ringsstraße bei Grimsstadir

|