Höhenangst und Höhenschwindel
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"Schwindelfreiheit erforderlich" sehr in vielen Tourenbeschreibungen oder Reiseprospekten. Viele Menschen leiden jedoch unter Schwindel oder Höhenangst (Akrophobie). Hier ein paar Infos zu Ursachen und Therapie.

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Allgemeines & Spezielles

Angst ist lebenswichtig, sie warnt vor Gefahren. Zuviel Angst kann aber auch lebensgefährlich sein. Daher sollte man sich über das Thema Angst in den Bergen und auf anderen anspruchsvollen Outdoor-Touren Gedanken machen.

Beim Bergwandern und Trekking geht es dabei vor allem um Höhenangst. Die gute Nachricht ist: Höhenangst und Höhenschwindel sind behandelbar. Die schlechte: Beides kann auch nach vielen Jahren auftreten, obwohl man vielleicht früher immer sicher unterwegs war.

Etwa jeder fünfte Mensch ist von Höhenangst = Akrophobie betroffen. Mit dem Alter nimmt das Phänomen scheinbar eher ab. Beziehungsprobleme, unbewältigte Konflikte, Traumata und andere Stressoren können Auslöser für Höhenängste sein. Heilung erfolgt - verkürzt dargestellt - durch Beseitigung der Auslöser und Therapie durch Exposition.

Höhenangst tritt unter anderem auf Türmen, hohen Bergen, vor Abhängen, auf Brücken, Hochhäusern, Balkonen, Leitern oder ähnlichem auf. Mitunter erscheint die Akrophobie gepaart mit anderen Angststörungen, bis hin zur Todesangst. Auch bei Flugangst kann die Akrophobie beteiligt sein.

Eine gewisse Angst ist natürlich und gesund. Sie hilft uns, Gefahrensituationen zu vermeiden und eine begrenzte Höhenangst hält uns von allzu ausgesetzten Stellen fern. Die übertrieben starke Angst aber ist der Situation gegenüber unangemessen, da keine oder nur eine geringe objektive Gefahr besteht. Um die Angst auszulösen, ist nicht zwingend eine große Höhe notwendig, wenige Meter reichen manchmal aus. Psychotherapeutisch wird Höhenangst mit der Angst vor dem "sich fallenlassen" verbunden. Es gibt Menschen, bei denen die Akrophobie nur im Freien auftritt. Wenn die selben Personen hinter einer Glasscheibe stehen, kommt es zu keiner Angstreaktion.

Wie bei anderen Phobien treten auch bei der Höhenangst im Extremfall körperliche Beschwerden auf. Innerhalb weniger Sekunden oder Minuten können die Symptome zu einem Höhepunkt kommen, die eine sofortige Behandlung notwendig machen: Das sind unter anderen Atemnot, Herzklopfen, Herzrasen, Benommenheit, Schwindel, Schwitzen, Brustschmerzen oder Engegefühl in der Brust.

Behandelbar ist Höhenangst entweder mit Medikamenten (die man aber bei Bergtouren oder ähnlichen Unternehmungen nicht verwenden sollte, da sie die Wahrnehmung verzögern), mittels verschiedener Entspannungstechniken oder anhand einer Psychotherapie.

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Höhenschwindel ist von einem konkreten Auslöser abhängig, z.B. einer besonders exponierten Wegstelle. Neben körperlichen Ursachen (schlechtes Gleichgewichtsgefühl, schlechtes Sehen, aber auch Erschöpfung) können auch seelische Gründe (s.o.) verantwortlich sein.

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Höhenangst

Wanden & Trekking. Akute Maßnahmen

Einige dieser Hinweise gelten, wenn Du in einer konkreten Situation von der Höhenangst übermannt wirst. Sie richten sich aber vor allem auch an Mitwanderer, die mit ihrem Verhalten ganz wesentlich auf die Höhenangst einer betroffenen Person einwirken können.

Wanden & Trekking. Händen und Füßen Halt verschaffen, hinsetzen

Zuerst ist es mal wichtig, dass die betroffene Person objektiv in Sicherheit ist. Dazu sollte man sie vorsichtig aus unsicheren Situationen entfernen, z.B. von einer Geländekante oder einem ausgesetzten Wegstück weg bringen. Dann sollte man die Person an einer sicheren Stelle hinsetzen. Wenn das nicht geht, sollten mindestens die Füße einen stabilen Stand haben und die Hände sollten sich irgendwo festhalten können. Ggf. kann ein anderer die Person stabilisieren und halten.

Wanden & Trekking. Im Gespräch helfen und beruhigen

Ganz wesentlich ist ein beruhigendes Gespräch. Auf keinen Fall sollte die betroffene Person geschmäht oder mit Vorwürfen bombadiert werden. Verständnis zeigen hilft da mehr, ebenso das Lösungen anbieten. Mindestens genau so wichtig wie konkrete Informationen ist aber auch die emotionale Komponente des Gesprächs. Es soll Sicherheit und Geborgenheit vermitteln.

Bei Hyperventilation kann man Atemübungen anbieten: Ruhig einatmen, ruhig ausatmen, den Betroffenen zum Mitatmen im gemeinsamen Rhythmus anregen. Im Extremfall und wenn eine Beruhigung der Atmung nicht möglich scheint, kann man den Hyperventilierenden in eine Plastiktüte atmen lassen.

Wanden & Trekking. Keine Beruhigungsmedikamente, Absturzgefahr durch verzögerte Wahrnehmung!

Im ausgesetzten Gelände im Gebirge muss man immer einen klaren Kopf bewahren und seinen Körper voll im Griff haben. Medikamente, die die Wahrnehmung verzögern oder sonst wie die Sinne trüben haben im alpinen Gelände nichts zu suchen. Da gleiche gilt übrigens auch für Alkohol und andere Drogen.

Wanden & Trekking. Sicherungsseil als psychologische Stütze

Da Höhenangst nicht aus einer realen Gefahr resultiert, können auch rein psychologische Hilfsmittel den Betroffenen unterstützen. Durch ein Seil mit einem erfahrenen Bergsteiger verbunden zu sein gibt ein gutes Gefühl, egal, ob der Seileinsatz rational begründet ist, oder nicht. An vielen Stellen können auch mobile Seilgeländer installiert werden, um Menschen mit Höhenangst über ausgesetzte Passagen zu bringen. Sie können sich am Seil festhalten oder werden mit einer Bandschnur und Karabiner am Seilgeländer gesichert. Das kostet allerdings viel Zeit und sollte schon bei der Tourenplanung berücksichtigt werden.

Wanden & Trekking. In Übungssituationen so lange exponiert stehen bleiben, bis Angst abflaut und sicheres Gefühl eintritt

Die Auseinandersetzung und Bearbeitung der eigenen Höhenangst kann das Phänomen stark abmildern. So kann sich der Betroffene, am besten mit Unterstützung, bewusst unter rational sicheren Bedingungen steilen Abhängen oder anderen exponierten Stellen aussetzen. Meist geht die Angst nach einer Weile zurück und ein sicheres Gefühl setzt sich durch. Durch regelmäßiges Training kann dieser Effekt auch langfristig verankert werden.

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Wanden & Trekking. Langfristige Maßnahmen

Wanden & Trekking. Ungelöste Konflikte erkennen

Ängste haben oft mit ungelösten Konflikten zu tun. Eine langfristige Verbesserung von Ängsten, auch von Höhenangst, kann unter Umständen dadurch erfolgen, dass man ungelöste Konflikte erkennt und bearbeitet. Kommt man da allein nicht weiter, sollte man sich professionelle Hilfe holen.

Wanden & Trekking. Training an ausgesetzten Stellen, möglichst mit Vertrauensperson

Mit einer vertrauten Person oder einem professionellen Führer oder Trainer kann man sich immer wieder der angstauslösenden Situation stellen. So lernt der Betroffene nach und nach, mit der Situation umzugehen.

Wanden & Trekking. Entspannungsübungen trainieren (Atmung, Muskelentspannung)

Auch Entspannungsübungen können bei Höhenangst langfristig Verbesserung bringen. Aktive Muskelentspannung oder Atemübungen sollten trainiert werden, damit man sie in der konkreten Angstsituation abrufen kann. Angebote dazu gibt es viele, von aktiver Muskelentspannung bis Yoga.

Wanden & Trekking. Intensive mentale Tourenvorbereitung

Bei Höhenangst hilft auch eine intensive Vorbereitung auf die konkrete Tour. Je mehr Informationen der Betroffene über die Tour hat und je konkreter er sich die Situationen vorstellen kann, die auf ihn zukommen, desto besser kann er sich mental darauf vorbereiten. So kann man z.B im Geiste schwierige Situationen durchspielen und vor Ort damit besser umgehen. Und der Betroffenen hat konkrete rationale Argumente für die Entscheidung, ob er/sie an der Tour teilnehmen soll, oder lieber nicht.

Wanden & Trekking. Medizinische und psychologische Hilfe, Verhaltenstherapie

Nicht zuletzt ist natürlich auch eine professionelle Unterstützung von Medizinern oder Psychologen hilfreich bei der langfristigen Bearbeitung von Höhenangst. Nun könnte man sagen: "Bevor ich so einen Aufwand betreibe, setze ich mich einfach keinen angstauslösenden Situationen im ausgesetzten Gelände mehr aus." Aber die Höhenangst kann unter bestimmten Voraussetzungen einen starken Eingriff in die Lebensqualität bedeuten. Wenn z.B. in einer Partnerschaft der eine für sein Leben gern Bergtouren unternimmt, und der andere immer zu Hause bleiben muss, ist das vielleicht einen Versuch bei einem professionellen Therapeuten wert.

Wanden & Trekking. Mehr zum Thema Angst

Ein anderer Andreas schildert auf seinen Webseiten Mein Weg aus der Angst seine Geschichte sowie seine Erfahrungen mit Medikamenten gegen Angststörungen und mit anderen Heilmethoden.

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Höhenschwindel

Anders als die Höhenangst, die nicht aus einer konkreten Gefährdung resultiert, ist der Höhenschwindel ein reales körperliches Problem und eine reale Gefahr. Was sich erstmal genauso blöd anfühlt wie die Höhenangst, kann aber viel konkreter bearbeitet und trainiert werden.

Schwindel kann durch gesundheitliche Defizite hervorgerufen werden. Zuerst einmal sollte man zum Arzt gehen, um organische Störungen auszuschließen oder zu behandeln. Dann sollte man sich intensiv seinen Gleichgewichtssinn widmen, denn der will trainiert werden.

Genauso schnell, wie Muskulatur sich zur Ruhe setzt, wenn sie nicht gebraucht wird, verschwindet auch ein gutes Gleichgewichtsgefühl. In der modernen Welt sind wir immer nur auf ebenen Flächen unterwegs. Dadurch schwindet die Fähigkeit, auch im holprigen oder steilen Gelände auf den Beinen zu bleiben.

Viele Organe sind an diesen Vorgängen beteiligt. Da sind die Ohren, die Augen, die Fußsohlen und die Beinmuskulatur. Nur wenn das Zusammenspiel zwischen diesen Akteuren und dem Gehirn permanent trainiert wird, kann der Wanderer oder Bergsteiger ein gutes Gleichgewichtsgefühl entfalten und erhalten.

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Außerdem gibt es noch ein paar andere Punkte, die man beachten kann:

Wanden & Trekking. Akute Maßnahmen

  • Händen und Füßen Halt verschaffen, hinsetzen
  • extreme Kopfstellungen meiden
  • beim Blick in die Tiefe kontrastreiche feste Objekte im seitlichen Blickfeld suchen
  • vermeiden, dass die Wahrnehmung getäuscht wird (fotografieren, Wolken beobachten, durch Fernglas schauen)
  • Sicherungsseil als psychologische Stütze

Wanden & Trekking. Langfristige Maßnahmen

  • organische Störungen ausschließen
  • Trockentraining, z.B. Kletterhalle
  • Fitnesstraining, um durch Erschöpfung verstärkten Schwindel zu vermeiden
  • Gleichgewichtstraining
  • Stressfaktoren analysieren

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Literatur

Artikel zum Thema im Magazin Panorama des Deutschen Alpenvereins, 02/2008.

Einen Artikel zur Höhenangst findest Du auch auf der Seite Arztphobie.com