Wie finde ich beim Wandern wirklich einsame, unbekannte Wege?

Wie finde ich Geheimpipps und wie vermeide ich den Massentourismus? 5 Tipps zum Finden von einsamen Wanderwegen.

Wanderpfade im Harz

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Allgemeines & Spezielles

Wer wandern will, der will das nicht unbedingt immer ganz allein tun. Aber auf beliebten Wanderwegen ist in der Hauptsaison oder an sonnigen Wochenende manchmal so viel los, dass das Wandern keinen Spaß mehr macht. Da stellt man sich schnell die Frage: Gibt es  Alternativen zu den beliebten Wanderrouten? Und vor allem: Wie finde ich die einsamen, ruhigen Wandertouren?

Das Problem mit den überfüllten Wanderwegen hat sich in den letzten Jahren immer weiter verschärft. Dafür gibt es mehrere Gründe. Einerseits wandern heutzutage viele Leute mit bekannten GPS-Apps namens Komoot,  Outdooractive,  Alltrails,  Wikiloc oder ähnlichem.  Dabei werden die fertig ausgearbeiteten Wanderrouten benutzt, die andere User dort eingestellt haben. Und je  besser eine Tour bei den Bewertungen abschneidet, desto mehr Wanderer sind bei nächster Gelegenheit auf dieser Route unterwegs. 

Ein anderer Grund für überlaufene Wanderwege ist darin zu finden, dass heutzutage Wander-Ideen oft über soziale Medien wie Instagram geteilt werden. Auch das führt dazu, dass die Wandergemeinde sich an wenigen Stellen konzentriert, während andere Wanderrouten und Wanderziele in Ruhe gelassen werden.

Wanderpfad im Herbst

Wenn man jedoch gezielt nach diesen ruhigen Wanderrouten sucht, dann ist es nicht ganz einfach, diese auch zu finden. Dazu hier ein paar Tipps.

Tipp 1: Benutze die Karte und nicht die vorgeschlagenen Routen!

Die Wanderkarte ist immer noch ein gutes Planungsmittel

Wenn ich wandern will, suche ich mir zuerst die Region aus und dann eine Gegend, die landschaftlich attraktiv zu sein scheint.  Um das zu beurteilen, hilft oft ein Blick auf eine gute topographische Karte. Dort erkenne ich anhand der Höhenlinien das Relief und verschiedene Farben und Symbole geben mir ein Bild über die Verteilung von Wald und Feldern an. Außerdem sind hier Flüsse eingezeichnet (an denen oft attraktive Wanderrouten verlaufen) und Verkehrswege, die im Positiven und Negativen ebenfalls einen großen Einfluss auf die Attraktivität von Wanderrouten haben.

Habe ich nun ein Gebiet gefunden, das mich reizt, dann schaue ich vielleicht auch mal in einer Touren-App nach, benutze dort aber gerade nicht die vorgeschlagenen Routen.  Stattdessen nehme ich mir die dort hinterlegten, meist sehr hilfreichen digitalen Karten vor und schaue, welche Wege zum Wandern möglicherweise attraktiv sein könnten.

Vielleicht finde ich einen unscheinbar eingezeichneten Weg entlang eines Flusses oder über einen Bergrücken -  jedenfalls folge ich gedanklich den eingezeichneten Wegen und versuche mir vorzustellen, wie es rechts und links aussieht.

Dabei nehme ich zum Wandern immer die Routen, die am unscheinbarsten eingezeichnet sind - je feiner gestrichelt, desto besser. Einerseits sind dies die Routen, auf denen man die Natur am intensivsten erleben kann, die sogenannten Singletrails. Andererseits sind hier oft die wenigsten Wanderer und schon gar keine Fahrzeuge unterwegs. 

Tourenvorschläge als Ideengeber nutzen und Varianten gehen

Wenn ich doch einen tollen Tourenvorschlag - z.B. bei Komoot - gefunden habe, der mir aber etwas zu beliebt erscheint, kann ich in der gleichen Gegend vielleicht einfach eine ähnliche Variante gehen. Auch dann schaue ich wieder auf die hinterlegte Karte und versuche, Alternativen zur Hauptroute zu finden.

Das kann vielleicht mal ein kleiner Umweg sein, eine Abkürzung oder vielleicht einfach nur der Weg auf der anderen Seite des Flusses. Erfahrungsgemäß halten sich die meisten Wanderer sklavisch an die veröffentlichten Vorschläge. Wenige Meter rechts und links der Standardroute ist man häufig viel einsamer unterwegs.

Das Ganze gilt übrigens nicht nur für GPS-Tourenportale, sondern auch für beliebte Führer wie die Wanderführer aus dem Rother Verlag. Die Touren, die dort besonders angepriesen werden, sind häufig auch stark frequentiert.

Die Region auswählen

Ob es auf den Wanderwegen voll ist oder nicht, das kommt auch immer etwas auf die Region an. Auf den Wanderrouten im Weserbergland oder im Kaufunger Wald ist immer deutlich weniger los als auf dem Rheinsteig, an beliebten Orten der Fränkischen Schweiz oder in Garmisch-Partrenkirchen. Die Nähe von Ballungsgebieten spielt natürlich auch eine Rolle, vor allem an sonnigen Wochenenden.

Plattkofel-Runde

Tourenplanung

Der erste Tipp lautet also: Suche deinen Wanderweg selbständig aus der Karte heraus und vermeide fertige Wandervorschläge. Dazu brauchst du allerdings dann eine möglichst genaue Karte. Bevorzugst du Karten auf Papier, dann sollte die topographische Karte einen Maßstab von 1:25.000 oder maximal 1:50.000 haben.

Das gilt auch für digitale Karten, die ein paar Vorteile haben. So kannst Du in den Tourenportalen wie Komoot und Co. selbst deine persönliche Wanderung erstellen, daraus einen GPS-Track generieren und ihn dann vor Ort auf der Wanderung zur Orientierung nutzen. 

Wenn ich für meine Wandergruppen neue Touren plane, mache ich es ähnlich. Ich suche mir ein attraktives Gebiet aus, recherchiere schon mal nach Unterkünften und Einkehrmöglichkeiten und schaue dann auf die Karte, um zu sehen, wie man solche Zwischenziele attraktiv verbinden kann. 

Mit der Maus erstelle ich dann auf Basecamp oder Outdooractive eine Route entlang der schmalsten und laut Kartenbild attraktivsten Wege. Wenn ich hier unsicher bin, schalte ich auch mal auf die Satellitenbild-Betrachtung um oder nehme Google Earth zur Hand. 

So finde ich eigentlich immer eine attraktive Route. Diese speichere ich als GPS-Track ab und kann sie dann während der Wanderung auf dem GPS-Gerät oder dem Smartphone zur Orientierung nutzen.

Tipp 2: Vermeide klingende Namen - Die höchsten Gipfel sind (fast) immer die Vollsten

Die meisten wandern zu den populärsten Zielen

Die berühmtesten Ziele, die schon von ihrem Namen her eine gewisse Ausstrahlung haben, sind natürlich auch immer sehr stark von Wanderern besucht, wenn nicht sogar überlaufen.  Hier nur mal ein Beispiel: An einem sonnigen Spätsommertag versuchte ich an einem Ausgangspunkt für die Wanderung zum Brocken im Harz einen Parkplatz zu finden, was mir zwischen den Massen von Autos und Wanderern nur knapp gelang. Offenbar nutzten viele Menschen den Tag für eine der letzten sommerlichen Wanderungen der Saison.

Da ich aber nicht Richtung Brocken ging, sondern auf einer anderen, in meinen Augen sogar attraktiveren Wanderung unterwegs war, traf ich dort den ganzen Tag über nicht einmal eine Handvoll Wanderer. Alle anderen waren vermutlich wie in einer Karawane Richtung Brockengipfel unterwegs.

Daran sieht man, dass die bekanntesten Ziele - oft sind das die höchsten Gipfel eines Gebirges oder eines Landes - die Wanderer magisch anziehen. Und das liegt in den seltensten Fällen daran, dass diese Wanderungen auch besonders schön wären. Das Gegenteil ist nämlich häufig der Fall. So gehören in unserem Beispiel die Routen auf den Brocken, egal von welcher Seite man ihn besteigt, nicht zu den landschaftlich schönsten und erlebnisreichsten Routen im Harz. Dort gibt es wesentlich attraktivere Wanderwege und die sind sogar deutlich weniger frequentiert oder sogar einsam, selbst am Wochenende.

Berühmte Gipfel meiden - die zweithöchsten sind einsamer und oft auch schöner

Ähnliche Beispiele finden wir auch, wenn es ins Hochgebirge geht. Overtourism in den Alpen und wie man dem ausweichen kann ist mittlerweile bei vielen Bergwanderern ein Thema. So gehören zum Beispiel Zugspitze und Watzmann zu den mit Abstand meistbestiegenen Bergen in den deutschen Alpen, obwohl es jede Menge attraktive Alternativen gibt. Auf dem höchsten Berg in der Alpen, dem Mont Blanc, ist genau wie am Matterhorn regelmäßig die Hölle los. Die Dufourspitze, der zweithöchste Gipfel der Alpen, ist auch nicht komplett vereinsamt, aber mit viel weniger Bergsteigerbetrieb gesegnet.

Plattkofel-Runde

Auf dem Kilimandscharo muss man sich schon seit Jahren in eine Schlange einreihen, wenn man sich auf dem Gipfel fotografieren will. Beim nächtlichen Aufstieg schaut man auf eine ununterbrochene Lichterkette von Stirnlampen, die vom letzten Camp Richtung Kraterrand unterwegs ist. Am Mount Kenia, dem zweithöchsten Berg Afrikas, kann man die Trekkingtour oft ganze Tage fast allein genießen. Und dazu ist die Landschaft sogar noch eindrucksvoller.

Zusammengefasst könnte man zu Tipp 2 sagen: Wenn du Routen in beliebten Wanderregionen planst, dann meide dort das beliebteste Ziel. Denn eins haben mich meine vielen Jahrzehnte beruflicher und privater Wanderungen gelehrt: Die beliebtesten Wanderungen sind nur selten auch die schönsten und attraktivsten.

Tipp 3: Wandere von A nach B. Rundwege sind beliebter (und voller) als Streckenwanderungen

In beliebten Wanderregionen kann man den überlaufenen Wanderrouten auch ausweichen, indem man Rundwege vermeidet. Viele Wanderer reisen mit dem Auto an und sind darauf angewiesen, am Ende der Wanderung wieder zum Auto zurückzukommen. Daher werden oft Rundwege ausgesucht.

Sehr häufig hat man aber die Möglichkeit, das Ende einer Streckenwanderung mit dem Anfang durch Bus oder Bahn zu verbinden. Das erfordert natürlich ein wenig Recherche über die Verbindungen und Abfahrtszeiten, dadurch belohnt man sich aber mit einer vergleichsweise ruhigen und einsamen Wanderung.

Oft kann man auch schon gleich von zu Hause aus mit dem ÖPNV zum Start der Wanderung fahren und vom Ziel aus wieder zurück. Aber selbst wenn man mit dem Auto unterwegs ist, kann man für eine Strecke oft Bus oder Bahn nutzen.

Mit Bus zum Start und zum Auto zurück wandern

Ich mache das dann meistens so, dass ich den Hinweg mit dem ÖPNV absolviere und zurück zum Auto wandere.  Dann habe ich am Ende keinen Termin in Form von  Busabfahrtszeiten und kann mir unterwegs so viel Zeit lassen, wie ich will.

Tipp 4: Der Tipp, den jeder kennt: Meide die Hauptsaison

Diesen Tipp hätte ich hier nicht unbedingt aufschreiben müssen, denn auf den kommt jeder auch selbst. Dazu könnte ich aber noch sagen, dass das Wandern außerhalb der Hauptsaison auch unabhängig vom Touristenaufkommen oft besonders attraktiv ist. Z.B. in den Alpen: Wenn im Frühling auf den Bergen noch Schneereste liegen und sich die ersten Blüten durch das frische Gras arbeiten, kann man die Landschaft häufig noch intensiver genießen als im Sommer.

Und auch im Herbst hat die Landschaft ihre ganz speziellen Reize, die eine Wanderung bereichern: Die Laubbäume und die Lärchen färben sich gelb, die Gipfel sind von erstem Schnee bedeckt und das Wetter ist oft bis in den Oktober hinein noch relativ stabil und nicht mehr so heiß.

Auch Rentner reisen in den Schulferien

Bei der Frage nach der Hauptsaison stoßen wir auch schnell auf die Schulferien-Zeiten. Nicht jeder ist bei seiner Urlaubs- oder Wanderplanung auf die Schulferien angewiesen. Wer seinen Wanderurlaub trotzdem in dieser Zeit plant, darf sich nicht wundern, wenn die Wanderwege überlaufen sind und Gaststätten und Übernachtungsbetriebe wie Berghütten aus allen Nähten platzen.

Untersuchungen der Tourismuswissenschaft haben herausgefunden, dass viele Menschen in den Schulferien verreisen, obwohl sie das nicht müssten. Offenbar sind viele von uns darauf programmiert, dass man in der Ferienzeit verreist. Das zu hinterfragen lohnt sich besonders für Wanderer, die die Landschaft in Ruhe genießen wollen.

Wanderweg in Nordhessen

Das gleiche gilt übrigens auch für Feiertage und verlängerte Wochenenden. Es ist natürlich attraktiv, wenn man durch einen Feiertag ein verlängertes Wochenende auf Wanderwegen genießen kann. Der gesparte Urlaubstag wird aber vermutlich auch dazu führen, dass man  auf große Menschenmengen trifft. Abgesehen davon ist um Ostern, Pfingsten, den ersten Mai, den 3 Oktober oder Christi Himmelfahrt auch die Anreise oft mühsam. Die Autobahnen sind verstopft und Busse und Züge oft überfüllt.

Tipp 5: Wandere auch, wenn der Wetterbericht nicht restlos überzeugt

Dass man bei schlechterem Wetter weniger Wanderer unterwegs trifft als bei gutem Wetter ist eine Binsenweisheit. In der Überschrift von diesem Tipp habe ich aber bewusst nicht "Wetter" geschrieben, sondern "Wetterbericht".

Seit jeder auf seinem Smartphone die Wetterprognose in der Hosentasche mit sich herumträgt, werden auch Pläne in Alltag und Freizeit immer stärker von der Wettervorhersage abhängig gemacht. Das führt dann zum Beispiel dazu, dass attraktive Wanderziele, z.B. Berghütten, bei bestem und sonnigstem Wanderwetter relativ leer sind,  weil die Wettervorhersage nur eher mittelmäßig war. Viele Hüttenwirte haben mir mittlerweile erzählt, dass die Frequenz der Wanderer gar nicht so sehr vom realen Wetter abhängt,  sondern eher davon, wie das Wochenendwetter Mitte der Woche vorausgesagt wurde.

Lass dich also nicht vom Wetterbericht verrückt machen und schaue gegebenenfalls spontan, ob das Wetter am Wochenende für deine Wander-Ambitionen passt oder nicht.  Außerdem gehört aus meiner Sicht unterschiedlichstes Wetter auch zum Wandern erleben dazu.

Auch schlechtes Wetter ermöglicht erlebnisreiche Wanderungen

Ich habe schon fantastische Wanderungen mit wechselhaftem Wetter oder Regenwetter erlebt und oft bieten Nebelschwaden oder Wolkenbilder noch einen zusätzlichen Bonus zur Naturlandschaft. Und oft, auch das ist meine Erfahrung in den letzten Jahren, ist das reale Wetter dann doch viel besser, als die Wetterfrösche es vorausgesagt haben.

Das gilt auch für Wetterwarnungen und Unwetterwarnungen und die aus meiner Sicht in den letzten Jahren inflationär zugenommen haben. Iich verstehe, dass die Wetterredaktionen hier gern auf der sicheren Seite sein wollen, aber dadurch sollte man sich als Wanderer nicht unbedingt abschrecken lassen. Eine individuelle Beurteilung des Wetters (mit einem gesunden Bewusstsein für die Wettergefahren) gehört schon im Mittelgebirge, aber  in jedem Falle bei Alpentouren zu einer verantwortungsvollen Tourenplanung.

Also: Überwinde auch bei schlechterem Wetter Deinen inneren Schweinehund und such Dir eine Route aus, die zum Wetter passt. Du könntest viele tolle Erlebnisse verpassen, wenn Du nur bei bestem Wetter wanderst!

Fazit

Mit diesen genannten Tipps und mit etwas eigenem Nachdenken sollte eigentlich jeder in der Lage sein, auch abgelegene und einsame Wanderrouten auszutüfteln. Etwas Mut gehört  natürlich auch dazu, denn ob die gewählte Wanderroute mehr Begeisterung auslöst oder weniger, weiß man immer erst nach der Tour. Das gilt aber genauso für die vorgefertigten Touren aus dem Internet oder aus dem Wanderführer.

Hat man im Austüfteln den eigenen Wanderrouten erstmal etwas Erfahrung gesammelt, wird man kaum noch negative Überraschungen erleben. Aus meiner Erfahrung kann ich sagen, dass das befriedigende Gefühl, eine attraktive Wanderroute selbst ausgekundschaftet zu haben, die Freude am Wandern noch einmal deutlich erhöht.

Vielleicht sollte man bei der Planung von Wanderungen die Frage nach dem Ziel anders stellen, als das meist geschieht. Statt zu fragen “wohin will ich wandern", könnte man sich eher fragen “wie will ich wandern”. Und zu dem “wie” arbeite ich mir dann selbst die passende Wanderroute aus.