Gefahr durch Lawinen ...
... besteht nicht nur in den Alpen und nicht nur bei Skitouren. Auch im Mittelgebirge, z.B. dem Schwarzwald, hat es schon Lawinenunglücke gegeben. Und natürlich ebenso in den anderen Gebirgen dieser Welt wie Pyrenäen, Himalaja oder Anden.
Betroffen sind neben Skifahrern und Tourengehern auch Winterwanderer und Schneeschuhgänger.

Das Risiko einer Lawinenverschüttung beginnt ab 25° Hangneigung, meist werden ab 30° Sicherheits-Maßnahmen ergriffen. Eine 100%ige Sicherheit vor einem Lawinenunfall ist im winterlichen Hochgebirge aber nicht zu erreichen.
Lawinentote
Um das Risiko besser abschätzen zu können hier ein paar Zahlen. Lawinentote gibt es ...
- ... in Österreich: ca. 20 Personen /Jahr
- ... in der Schweiz: ca. 20 Personen /Jahr
weitere Zahlen zur Lawinengefahr bei Schneeschuh-Bergsteigern und Ski-Tourengehern:
- Die Zahl der Lawinentoten hat durch Steigerung der Tourenzahl zugenommen, das Risiko ist für Skitourengeher gleich geblieben. Nur durch einen erhöhten Anteil von Schneeschuhtouren hat das Risiko bei Wintertouren insgesamt abgenommen.
- Die häufig geäußerte These, dass Autofahren gefährlicher sei als Skitouren, stimmt so aber nicht.
- In der Schweiz stirbt jeder 23.000ste Einwohner in einer Lawine und jeder 24.000ste bei einem Verkehrsunfall. Da man aber viel mehr Stunden im Jahr am Verkehr teilnimmt, als auf Winter-Tour zu verbringen, ist das Risiko pro Tourenstunde wesentlich höher als pro Stunde Autofahrt.
- Das größte Risiko in den winterlichen Alpen haben statistisch Männer mittleren Alters auf Tourenski bei schwacher Altschneedecke und Lawinenwarnstufe 3.
- In der Schweiz sterben im Schnitt 33 Personen beim Wintersport abseits der Pisten pro Jahr. 20 davon sterben in Lawinen.
- Mehr als die Hälfte der Winter-Touren-Tage sind mittlerweile Schneeschuhtouren
- 1999 - 2013 haben in der Schweiz die Tourentage stärker zugenommen als die Lawinentoten
- 2005 - 2015 starben pro Million Winter-Touren-Tage im Durchschnitt knapp 5 Alpinisten in Lawinen, d h. ein Toter pro 200.000 Tourentage
- Schneeschuhgeher gehen ein fünf mal geringeres Risiko ein, in der Lawine zu sterben, als Skitouren-Geher. Vermuteter Grund: Sie lösen seltener Lawinen aus, sind eher in mäßig steilem Gelände und in niedrigeren Höhen unterwegs.
- Geraten Schneeschuh-Wanderer in Lawinen, so ist die Todeswahrscheinlichkeit höher als bei Skitourengehern. Vermuteter Grund: Kenntnisse der Kameradenrettung und Nutzung der Lawinenausrüstung sind weniger verbreitet.
- Männer auf Skitouren haben ein drei mal höheres Todes-Risiko als Frauen auf Skitouren.
- Männer auf Schneeschuh-Touren haben ein zwei mal höheres Todes-Risiko als Frauen auf Schneeschuh-Touren.
- Männer haben pro Tourentag ein dreieinhalb mal höheres Todes-Risiko als Frauen auf Wintertouren. Grund: die sowieso stärker gefährdeten Männer sind auch noch mehr auf Skitouren unterwegs, Frauen findet man mehr auf den weniger gefährlichen Schneeschuhtouren.
- Das höchste Risiko tragen Männer auf Skitouren mit 30 % der Tourentage und 70 % der Lawinentoten.
- Das höchste Risiko der Altersgruppen tragen die mittelalten (30 - 59 Jahre). Jüngere und Ältere sind statistisch weniger gefährdet. Schluss: Wenn größere Erfahrung zu riskanteren Touren verleitet, wird der Erfahrungsvorteil neutralisiert.
- An Wochehendtagen sind drei mal mehr Winter-Touren-Geher unterwegs als an einem Werktag.
- Bei schönem Wetter sind drei mal mehr Tourengeher unterwegs als bei schlechtem Wetter.
- Bei Lawinenwarnstufe drei werden etwa 30 % weniger Touren angegangen als bei Stufe 1 oder 2. Außerdem werden bewust sichere Routen gewählt.
- Bei den ersten drei Warnstufen steigt die Mortalitätsrate jeweils um das 3,5-fache. D.h. bei LWS2 sterben 3 1/2 mal so viele Bergsportler wie bei Stufe 1.
- Altschnee-Problem = schwacher Schneedeckenaufbau: die Prognose wird schwieriger und die Lawinen sind im Schnitt größer. Die Lawinengefahr steigt dadurch um 50 %. Es ist aber statistisch keine Reduzierung oder Entschärfung der Touren durch die Alpinisten erkennbar. Offenbar sind viele sich der Gefahr durch das Altschneeproblem nicht bewusst.
Quelle: Kurt Winkler & Frank Techel in der DAV-Panorama 06/2017

Sicherheits-Maßnahmen vor und auf der Tour
Ausrüstung:
LVS (Lawinenverschütteten-Suchsystem, Lawinenpieper), Schaufel, Sonde, Lawinenairbag ... der Umgang mit all diesen Geräten muss erlernt und immer wieder trainiert werden. Kurse dazu werden mittlerweile in vielen Wintersportorten angeboten.
Planung, Strategie, Taktik mit der Snow-Card:
Achtung! Die SnowCard wird hier nur vorgestellt. Auch der Umgang mit ihr muss erlernt und trainiert werden!
Hier gebe ich im Folgenden einen Überblick um zu zeigen, wie die SnowCard im Prinzip funktioniert. Der Nutzer geht in mehreren Schritten vor, die auf der Karte erklärt werden.
1. LLB (Lawinenlagebericht)
Zuerst schaut man sich den aktuellen Lawinenlagebericht an. Er erscheint meist morgens bis 8:00 h für den laufenden Tag. Das zeigt schon, dass die Einschätzung der Lawinengefahr erst kurzfristig vor der und auf der Tour erfolgen kann.
Der Lawinen-Lagebericht prognostiziert die Lawinengefahr in Stufen von 1 - 5 (gering, mäßig, erheblich, groß, sehr groß), oft nach Höhenlagen unterschiedlich. Finde heraus, welche Stufe(n) für Deine Tour angegeben werden und wähle die höhere.
Man sollte sich möglichst mehrere Lawinenberichte ansehen, besonders, wenn das Tourengebiet im Grenzbereich zwischen zwei Berichtsregionen liegt. Im Allgäu könnte man z.B. die LLB von Bayern, Tirol und Vorarlberg vergleichen.
2. Hangneigung checken
Die zweite wichtige Information nach der Gefahrenstufe ist die Hangneigung. Du stellst sie fest durch ...
- die Karte (Planzeiger, SnowCard-Skala). Achtung: kleinräumige Steilhänge sind nicht erfasst!!
- z.B. das Portal Outdooractive (die Version Pro mit der Anzeige der Hangneigung kann man 1 Monat testen) mit der Hangneigungskarte: Unter 30 Grad neutral (also nicht eingefärbt), alles ab 30 Grad gelb, ab 35 orange, ab 40 Grad rot. Achtung: kleinräumige Steilhänge sind nicht erfasst!!
- die SnowCard im Gelände (Hangneigungsmesser, Skistock oder peilen. Üben, um Schätzen zu trainieren)
3. Exposition checken
Bei der Exposition musst Du Dich für günstig oder ungünstig entscheiden. Für beides gibt es ein Diagramm auf der SnowCard.
- Karte Himmelsrichtung, Vergleich mit LLB. Oft sind z.B. in den Alpen die Expositionen von Nord über Nordost bis Ost ungünstig.
- LLB Geländeformen (Himmelsrichtung, Grate, Mulden ...). Auch gefährliche Geländeformen, die Lawinen begünstigen, werden als ungünstige Exposition gesehen.
Im Zweifel entscheidest Du Dich für ungünstig.
4. Risiko abschätzen
Im entsprechenden Diagramm (günstig oder ungünstig) schaust Du in der Spalte der festgestellten Gefahrenstufe und der Zeile der Hangsteilheit nach. Ein grünes Feld zeigt Dir eine gefahrenarme Situation, bei gelb sollten Sicherheitsmaßnahmen beachtet werden und bei rot sollte man die Tour so nicht durchführen.
Du stehtst dann also vor folgenden Fragen:
- Kann ich die Tour wie geplant durchführen?
- Brauche ich eine Ausweichroute, Alternativroute?
- Kann ich vielleicht Tourentage tauschen?
- Oder bleibt nur die Absage?
5. Auf der Tour ...
... müssen diese Fragen immer neu gestellt werden. Das Thema Lawinengefahr ist also nicht nur mit einer guten Vorbereitung und Planung erledigt.
Hilfreiche Links
Artikel in der DAV-Panorama 01/2013: Sicherheitsforschung - Schweizer Lawinenmuster - Vier Muster für Lawinengefahr. Hier werden 4 typische Muster einer gefährlichen Lawinenlage dargestellt. Das Schweizer System zur Beurteilung der Lawinengefahr wird erklärt.
Eidgenössisches Institut für Schnee- und Lawinenforschung (SLF), Lawinenlage, gibt aber auch Berichte zu Lawinenunfällen heraus
Snowcard des Alpenvereins: praktische Bewertungsgrundlage für Lawinengefahr. Hier bestellbar: SnowCard: Lawinen-Risiko-Check
Lawinenkunde: das 3x3-System von Werner Munter. Das Buch dazu ist hier bestellbar: 3x3 Lawinen: Risikomanagement im Wintersport
Lawinen-Säulentest: Lehrvideo von Sacki auf YouTube

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