Gefahren & Notfälle auf Berg­wander­touren
Wandern

Stichworte zum Seminar Notfallmanagement für Wanderreiseleiter und andere Bergwanderer.

Helikopterrettung, Wasseralm

Auf dieser Seite:

Auf separaten Seiten:

Wandern zum Seitenanfang

Gefahren und Unfallrisiko

Wanden & Trekking. Objektive und subjektive Gefahren

In der Theorie unterscheidet man zwischen objektiven Gefahren und subjektiven Gefahren. Während die objektiven Gefahren sehr griffig und den meisten Bergwanderern und Bergsteigern präsent sind, kommen die subjektiven Gefahren etwas schwammiger und getarnter daher und werden so oft aus den Augen verloren. Daher ist es besonders wichtig, sich auch mit ihnen zu beschäftigen. Das gilt auch schon bei der Tourenplanung.

Wanden & Trekking. Subjektive Fehlleistungen als häufige Unfallursachen:

Hier ein paar Beispiele für subjektive Risikofaktoren:

  • falsche Entscheidungen
  • mangelnde Vorbereitung
  • fehlende Ausbildung
  • Selbstüberschätzung
  • mangelhafte Ausrüstung
  • unzureichende körperliche Verfassung
  • fehlende Konzentration
  • Stolpern und Ausrutschen
  • Gruppendynamik (!!)
  • ... usw ...

Schneefeld queren, Stubai

Wanden & Trekking. Objektive Unfallursachen:

Und hier ein paar Beispiele für objektive Risikofaktoren:

  • Steinschlag
  • Wettersturz
  • Gewitter
  • ... usw ...

Diese objektiven Bedingungen werden in der Tourenplanung häufiger beachtet, als ihre subjektiven Mitspieler. Letztlich muss eine sichere Tour aber unter Berücksichtigung aller Faktoren geplant und organisiert werden. Alle Faktoren verstärken sich gegenseitig > die Gefahr steigt exponentiell. Erst die Kombination oder die Verkettung unglücklicher Umstände führt zu dramatischen Problemen oder zur Bergnot.

Wanden & Trekking. Risikofaktoren verstärken sich gegenseitig

Berg-Unfälle haben meist mehrere Gründe, z.B. Ausrüstung, körperliche Verfassung und Wetter. Die fehlende Regenkleidung wird erst bei einer Wetterverschlechterung zum Problem. Dieses Problem ist mit einer guten körperlichen Verfassung vielleicht noch nicht gefährlich, kommen Krankheit, Schwächung oder Erschöpfung dazu, wird es allerdings sehr schnell lebensbedrohlich.

2/3 der Unfälle im Gebirge treffen Wanderer. Im Vergleich zu Extremsportlern sind bei Wanderern die subjektiven Unfallursachen weit verbreitet.

Ca. 50 % der Unfall-Beteiligten waren vor 20 Jahren jünger als 20 (wenig Erfahrung, hohe Risikobereitschaft). Heute ist daneben ein zweites Maximum im Altersbereich 50 bis 65 entstanden (Selbstüberschätzung, körperliche Verfassung). Die Peaks bei bestimmten Altersklassen deuten auf die große Bedeutung der subjektiven Unfallursachen hin.

Von den Wanderunfällen ereignen sich ...

  • 50 % nach Ausrutschen/ Stolpern/ Gleichgewichtsverlust (Konzentration!/ Ausdauer)
  • 17 % nach Verirren (Orientierung)
  • > 10 % durch Herz-Kreislaufprobleme (körperliche Verfassung)
  • 75 % aller Unfälle lassen sich auf Mangel an Erfahrung zurückführen ...
  • ... aber dazu hat man ja den Wanderführer ... oder?

Wanden & Trekking. Wie kann der Wanderführer subjektive Fehlleistungen verhindern / vermeiden?

  • Rolle des Führers: Führen, Informieren, Führer als Manager (strategisch - taktisch - operativ) ...
  • Rolle des Teilnehmers: Selbstverantwortung, Beratungsresistenz, Starrsinn, Konzentration, Aufmerksamkeit, Informationspflicht ...

Wanden & Trekking. Ein paar Zahlen zur Mortalität

Knapp 300 Menschen sterben jährlich in den Österreichischen Alpen an unnatürlichen Todesursachen. 200 davon sterben bei klassischen Bergsportarten, die anderen 100 im Verkehr, durch Suizid, bei der Arbeit usw ...

  • 86 % der Toten waren Männer.
  • 27 % der Toten starben an Herz-Kreislauf-Problemen.
  • 62 % der Toten waren über 50 Jahre alt.

Wandern zum Seitenanfang

Wetter-Gefahren

Wanden & Trekking. Mittelbare und unmittelbare Wetterwirkung

Bei den Wettergefahren unterscheidet man in der Theorie zwischen Gefahren, die den Wanderer unmittelbar bedrohen und Gefahren, die den Bergsportler indirekt gefährden.

Wanden & Trekking. unmittelbare Wettergefahren (Wirkung auf den Wanderer):

  • Gewitter, Blitzschlag (direkter Schlag, Bodenströme)
  • Nebel (Orientierung) (in Bergen häufiger, Wolken = Nebel)
  • Kälte, Regen, Schnee, Wetterstürze (Unterkühlung, Erschöpfung, Erfrierung)
  • Sturm (Seitendruck, Auskühlung)
  • Hitze, Strahlung (Sonnenstich, Hitzschlag, Sonnenbrand, Schneeblindheit ...)

Wanden & Trekking. mittelbare Wettergefahren (Wirkung auf Gelände, Ausrüstung etc.):

  • Schnee, Eis: Vereisung, Glätte, schwierige Orientierung ...
  • Nässe: Glätte auf Stein und Gras, Smartphone im strömenden Regen kaum nutzbar ...
  • Kälte: Ausrüstung und Getränke gefroren ...
  • Sonstige: Bachdurchquerung nach Regen oder Schmelze, Steinschlag, etc.

Wetter zieht auf, Stubai

Wanden & Trekking. Blitzschlag

Blitzschlag gehört besonders in den Bergen zu den großen Gefahren. Blitze können - räumlich wie zeitlich - auch deutlich vor oder nach einem Gewitter auftreten.

30-30-Regel: Wenn der Abstand zwischen Blitz und Donner weniger als 30 Sekunden beträgt, befindet man sich in der Gefahrenzone. Erst 30 Minuten nach dem letzten Blitz oder Donner ist man wieder sicher.

Wanden & Trekking. Unwahre Gerüchte:

Es gibt viele Gerüchte um das Thema Blitzschlag, von denen einige nicht stimmen:

  • Ein Blitzschlagopfer zu berühren, ist gefährlich.
  • Ein Blitz schlägt nie zweimal in die selbe Stelle ein.
  • Ein Blitz schlägt immer in das höchste Objekt ein.
  • => All dies stimmt nicht!

Wanden & Trekking. Guter Schutz:

Einen guten Schutz vor Blitzschlag findet man an folgenden Orten:

  • Hütte oder Haus mit geschlossenen Türen / Fenstern
  • geschlossenes KFZ
  • große Höhlen und Mulden (Abstand zur Wand mind. 1 m)
  • steile Felswände (Abstand zur Wand mind. 1 m)

Wanden & Trekking. Schlechter Schutz:

Einen schlechten Schutz bieten, auch wenn auf den ersten Blick anders zu erwarten, folgende Orte:

  • Das klassische Zelt mit Satteldach und 2 Stangen: Die Stangen wirken wie Blitzableiter und führen bei Einschlag Strom. Ein Kuppelzelt ist besser. Es muss aber genügend Abstand zu Zeltwand und Gestänge bestehen (1-2 m).
  • In offenen Unterständen kann man von Seitenblitzen getroffen werden.
  • Kleine Nischen und Überhänge mit zu nahem Kontakt zur Wand sind problematisch. Der Strom läuft die Wand entlang und kann auf den Wanderer überspringen.
  • Wasserführende Bachbetten: Wasser leitet den Strom besonders gut.
  • Der Aufenthalt im Wald ist besser als auf freier Ebene. Herabfallende Äste sind aber auch sehr gefährlich. Kleine Lichtungen sind daher noch besser.

Wanden & Trekking. Gefahr:

  • einzelne Bäume
  • Grate und Gipfel
  • Drahtseile
  • Stromleitungen, Seilbahnen, Skilifte
  • Gegenstände über Schulterhöhe (z.B. Wanderstöcke, die vom Rucksack aufragen)

Wanden & Trekking. Verhalten bei Gewitter

mit geschlossenen Beinen Kauerstellung einnehmen
Schrittspannung meiden
mit kleinstmöglicher Fläche den Boden berühren
isolierende Unterlage, evtl. auf trockenen Rucksack setzen
nicht flach hinlegen
Handys im Rucksack verstauen
Metallobjekte in sicherer Entfernung ablegen
kein Metall direkt auf der Haut (Verbrennungsrisiko)
Abstand von Wänden 3 m
Höhle: Abstand zur Decke 1 m, Abstand zum Eingang 1 m, Abstand zur Wand 2 m
Wenn man Kribbeln spürt und sich die Haare aufstellen: schnell mit geschlossenen Füßen in Kauerstellung gehen!
Elmsfeuer deuten auf unmittelbar bevorstehenden Einschlag hin
mehrere Personen nicht dicht zusammenstehen!

Achtung: durch unkontrollierte Muskelkontraktionen oder Schockwelle des Blitzschlages besteht Absturzgefahr!

Viele Unfälle ereignen sich im Vorfeld von Gewittern bei übereiltem Rückzug. Trotz gebotener Eile: Ruhe bewahren!

Wanden & Trekking. Nach dem Blitzschlag

Die häufigsten Todesursachen sind Herz- oder Atemstillstand. Durch Wiederbelebungsmaßnahmen können viele Betroffene gerettet werden, die dann meist wieder vollständig genesen. Also: Erste-Hilfe-Kurse auffrischen!
Manchmal ist der Puls da, und nur die Atmung fehlt: dann reicht künstliche Beatmung oft zur Wiederbelebung.
Rettungseinsätze bei Gewitter sind riskant, und werden daher oft nicht sofort durchgeführt.
Blitzopfer sollten auf jeden Fall sofort ins Krankenhaus, da Folgekomplikationen auch noch Stunden nach dem Schlag auftreten können.

Siehe auch > Wetterseminar

Wanden & Trekking. Unterkühlung

Unter Unterkühlung versteht man ein starkes Absinken der Körpertemperatur. Symptome sind Muskelzittern, schneller Puls und schnelle Atmung sowie schwindende Muskelkraft. Unterkühlung gepaart mit Erschöpfung ist eine der häufigsten Todesursachen bei Bergwanderungen! Unterkühlung kann bei ungünstigen Bedingungen schon bei + 10 Grad C auftreten (z. B. nach Verletzungen, Nässe ...). Die erste Warnung, das Zittern, wird durch Alkohol häufig außer Kraft gesetzt. Außerdem verhindert Alkohol im Blut die körpereigenen Maßnahmen zum Wärmeerhalt. Daher ist Alkohol zum "Wärmen" absolut ungeeignet.

Wanden & Trekking. Maßnahmen bei Unterkühlung:

Schutz vor weiterer Auskühlung.
Aktive und passive Bewegungen vermeiden, keine Massagen, Transport so schonend wie möglich (Gefahr des Bergungstodes)!
Heiße, gezuckerte Getränke, kein Alkohol.
Atmung und Kreislauf beobachten.
Keine aktive Wärmezufuhr, keine heißen Bäder. Kaltes Peripherieblut darf nicht in den Körperkern gelangen!

Das Wichtigste: Vorbeugung! (s.u.)

Wanden & Trekking. Erfrierungen

Erfrierungen sind meist lokale Zerstörungen von Körpergewebe durch Frost.

  • Erfrierungen ersten Grades: Haut ist wachsweiss, kalt, gefühl- und schmerzlos. Kann durch Erwärmung (schmerzhaft) kuriert werden.
  • Erfrierungen zweiten Grades: Blasen, blaurote Haut. Tritt erst nach 2-3 Tagen auf.
  • Erfrierungen dritten Grades: nach mehreren Tagen: Haut wird schwarz und hart wie Porzellan. Betroffene Körperteile müssen amputiert werden.
Anfangs sieht jede Erfrierung aus wie eine erstgradige. Daher immer vom schlimmsten (3. Grad) ausgehen.

Wanden & Trekking. Maßnahmen:

Erfrorene Stellen mit eigener oder fremder Körperwärme anwärmen. Nicht mit Schnee einreiben.
Benachbarte Körperteile (nicht die betroffenen Stellen) durch Massieren passiv bewegen.
Heiße, gezuckerte, salzreiche Getränke. Kein Alkohol!
Unterkunft suchen. In der warmen Unterkunft können heiße Alkoholgetränke gegeben werden.
Erneute Kälteeinwirkung unbedingt vermeiden!
Bei stärkeren Erfrierungen so schnell wie möglich zum Arzt.

Wanden & Trekking. Wie schütze ich mich gegen wetterinduzierte Gefahren ?

Vorbereitung: Wetterbericht. Bei ca. 80 % der wetterbedingten Unfälle ist die Wetterprognose richtig (Vermeidbarkeit!).
Vorbereitung: Tourenplanung (wann, wo, Abbruchmöglichkeiten, Schutzmöglichkeiten etc.)
Ausrüstung: Kälteschutz, Regenschutz, Strahlungsschutz, Biwaksack, Orientierungshilfen (Kompass, Höhenmesser, GPS ...)
mit Ausrüstung immer auf der sicheren Seite sein!
Auf Wetterstürze und Zwangspausen vorbereitet sein!
Beobachtung: frühzeitig und laufend
Mental: sich Wettergefahren bewusst sein und mögliche Reaktionen vorher durchdenken (Angstlähmung vorbeugen!)

Wanden & Trekking. 3 Grundregeln !!!

Aktuelle Wettervorhersage für Tourengebiet einholen
Wetterentwicklung im Gebiet frühzeitig und laufend beobachten
Auf Wetteränderungen vorbereitet sein

Wandern zum Seitenanfang

Steinschlag

besonders häufig nach Regen, Frostwechsel und starken Temperaturschwankungen (auch Tag/Nacht)
Schutthänge und Moränenflanken besonders labil!
Auch im Mittelgebirge!
starke Zunahme des Steinschlags durch Klimaerwärmung

Wanden & Trekking. Maßnahmen

Vermeiden!
Haftung des Verursachers, wenn fahrlässig!
fremde Gruppen beobachten!
möglichst nicht übereinander Gehen!
Bei Serpentinen warten!
Nah zusammen bleiben!
bei Steinschlag warnen!
zum Fels ducken

Wandern zum Seitenanfang

Gefahren in Schnee und Firn

Nicht nur im Hochgebirge!

  • 2015: Lawinenopfer im Schwarzwald

Flüsse oder Bäche unter Schneefeldern
Lebensgefahr!

überwächtete Grate
deutlich neben dem Grat gehen

Viele Abstürze bei Firnfeldquerungen
Feste Schuhe!
Bremsen auf Firnfeldern üben

> Gehen auf Firn- & Schneefeldern

Schneewächten

Wandern zum Seitenanfang

Risiko Herz/Kreislauf

Wanden & Trekking. Einige Zahlen (Quelle: DAV)

Häufige Unfälle beim Wandern durch Kreislaufprobleme, Überlastung und Erschöpfung (20 % der Wanderunfälle)
Herz-/Kreislaufprobleme gut 10 % der Wanderunfälle
Todesfälle beim Wandern zu ca. 30 % - 50 % durch Herzversagen (oft bei Leuten, die nicht regelmäßig Sport treiben)
Charakteristische Auslöser eines plötzlichen Herztodes sind ungewohnte oder plötzliche starke Belastung, abrupter Belastungsabbruch, Belastung kurz nach dem Essen, sehr kalte oder schwül-heiße Witterung oder ein grippaler Infekt.

Wanden & Trekking. Maßnahmen

große Anstrengungen am 1. Tag vermeiden
langsam Losgehen (mind. 0:20 h, auch gut für Ausdauer!)
zu starke Anstrengungen bei extremen Witterungsverhältnissen vermeiden
nicht mit akuten grippalen Infekten wandern
regelmäßig essen & trinken
bei der Selbsteinschätzung helfen

Siehe auch > Erkennen & helfen: Kreislaufkollaps, Sonnenstich, Unterzucker, Dehydrierung etc.

Wandern zum Seitenanfang

Typische Zwischenfälle

Wanden & Trekking. Hitzeohnmacht & Hitzeerschöpfung

Behandlung: kühle Umgebung, Kleidung öffnen, leichte Schocklage, kühle Wickel, trinken
Vorbeugung: viel trinken, Hitze meiden, Hitzestau vermeiden, Sonnenschutz

Wanden & Trekking. Dehydratation (Austrocknung)

Hat man zu wenig getrunken, sinkt die Leistungskurve rapide ab. Schnelle Erschöpfung ist die Folge.

Auch, wenn das Gewicht schwer im Rucksack lastet: Genügend Wasser sollte auf jeder Bergtour mitgenommen werden. Denn gerade in Kalkgebieten findet man unterwegs oft keine Quellen. Und das Trinken aus Bergbächen ist nicht zu empfehlen. Auch wenn das Wasser noch so klar aussieht, es ist oft keimbelastet und kann zu Durchfällen führen.

Bei der Wasserzufuhr sollte der Wanderer mehr auf seine Vernunft hören, als auf seinen Durst. Letzterer tritt nämlich oft garnicht oder zu spät ein. Bei großer Hitze und/oder in großen Höhen kann der Wasserbadarf auch schon mal bei 5 Liter Getränk am Tag liegen.

Wenn man morgens schon mal ordentlich trinkt, liefert das eine gute Basis. Man kann aber nicht für mehrere Stunden auf Vorrat trinken, daher muss man auch unterwegs regelmäßig Wasser zuführen.

  • Behandlung von Dehydratation: Trinken, am besten Wasser oder Fruchtschorle
  • Vorbeugung: Trinken

Wanden & Trekking. Unterzucker

Unterzucker ist ein sehr häufig auftretendes Problem im Outdoorsport und führt zur schnellen Erschöpfung. Es tritt häufig auf, wenn zu wenig gegessen wurde, z.B. wenn man nicht oder kaum gefrüstückt hat und dann körperliche Leistungen abrufen will. Die schlagartige Erschöpfung mit ausgeprägtem Unwohlsein kann aber schnell kuriert werden.

  • Behandlung: Zucker zuführen, z.B. in Form von gezuckerten Getränken wie Spezi, Apfelsaft etc. oder als Schokoriegel, Traubenzucker und Ähnlichem
  • Vorbeugung: Vor und während der Tour regelmäßig und genügend essen und trinken

Zu allen drei Diagnosen siehe auch > Erkennen & helfen: Kreislaufkollaps, Sonnenstich, Unterzucker, Dehydrierung etc.

Gipfelfreuden, Stubai

Wanden & Trekking. Gefahr durch Weidevieh

"Gefahr durch Kühe" hört sich erst mal etwas merkwürdig an. Trotzdem steigen in den letzten Jahren die Unfälle durch Weidevieh in den Alpen. Das liegt am erhöhten Besucherdruck, d.h., es wandern heute viel mehr Menschen in den Alpen, als früher. Aber auch die Einstellung der Menschen und deren Erfahrung mit Tieren hat sich geändert. So entstehen gefährliche Situationen oft völlig unnötig durch das falsche oder leichtsinnige Verhalten der Wanderer.

Kühe wirken auf den ersten Blick behäbig, lieb und harmlos. Wenn sie sich aber angegriffen fühlen oder ihre Kälber bedroht sehen, werden sie plötzlich flink und aggressiv. Und kräftig und (oft) mit mächtigen Hörnern versehen sind sie sowieso.

Wanden & Trekking. Rinderunfälle sind neueres Phänomen:

Der moderne Mensch hat die Erfahrung mit Weidetieren verloren und die Viehhaltung auf Almen hat sich geändert. Früher wurden überwiegend Milchkühe gehalten, die täglich zwei mal gemolken wurden und den ständigen Kontakt mit dem Menschen gewohnt waren. Aufgrund gesetzlicher Regelungen findet man aber zumindest in den EU-Ländern immer weniger Milchkühe und statt dessen Fleischrassen und Jungtiere. Diese haben seltener Kontakt mit den Hirten und sind oft tagelang allein auf den Hochweiden unterwegs. Entsprechend sind sie scheuer, schreckhafter und eher verteidigungsbereit.

Viele Unfälle passieren zum Beispiel, wenn man einen Hund an der Leine hat, der eine Kuh verbellt. Da kann dann das Frauchen oder Herrchen schnell mal mit zum Ziel der Attacke werden. Ich habe auch schon vielfach gesehen, dass sich Erwachsene mit Kindern auf dem Arm für ein Foto an die Kuh stellen und sie vielleicht sogar streicheln. Das geht meist gut, aber viel zu oft auch nicht. Man sollte in solchen Fällen genau wissen, was man tut. Und - sorry - das wissen unerfahrene Stadtmenschen oft genug nicht.

  • Strengere Vorschriften für Viehhaltung auf Almen und bei der Milchverarbeitung =>
  • Extensivere Haltung sowie verstärkte Mutterkuhhaltung, Jungtiere und freie Stiere =>
  • Steigende Unfallzahlen durch Weidevieh, vor allem Rinder

Wanden & Trekking. Vermeidung:

  • Dem Vieh nicht direkt in die Augen schauen
  • Distanz von 20 m einhalten
  • Nicht von hinten nähern
  • Auffällige Gesten und Rufe unterlassen
  • Hunde weit weg vom Rind halten, bei Angriff Leine lösen

Wanden & Trekking. Blockierung

Mittlerweile werden fast die Hälfte der Bergsportler in den sommerlichen Alpen unverletzt gerettet. Häufig sind diese Fälle auf Blockierungen zurückzuführen. Anders als früher ist der Respekt vor der geplanten Tour gesunken. Man kann das auch Selbstüberschätzung nennen. Ob das an Gedankenlosigkeit, einer merkwürdigen Konsumhaltung, höherer Risikobereitschaft, der verbesserten Netzabdeckung für Mobiltelefone liegt oder an allgemeinen gesellschaftlichen Tendenzen, kann man munter diskutieren.

Mir sagte mal jemand in einer schwierigen Situation am Berg: "Wenn das gefährlich wäre, dann wäre es doch verboten!" Und das war kein Scherz ...

Wanden & Trekking. Statistik:

Ein Drittel der Notrufe in den österreichischen Alpen stammen von Unverletzten. Blockierung, Selbstüberschätzung und Überforderung sind hier die Gründe.

Wandern zum Seitenanfang

Alpines Notsignal und andere Notrufe

Wanden & Trekking. Alpines Notsignal

6 x pro Minute Signal geben (optisch/akustisch)
1 Minute Pause, dann wieder 6 x /min Signal
Antwort: 3 x /min Signal

Notsignal akustisch, optisch per ...
Taschenlampe
Kamera
Pfeiffe
Spiegel
Signalraketen
...

Wanden & Trekking. Yes or No?

Bei Sichtkontakt gibt es ein weiteres internationales Notsignal:

Yes or No?
Yes = Ja, wir brauchen Hilfe
No = Nein, wir brauchen Nichts

Y = Yes = ich brauche Hilfe: Eine Person steht aufrecht mit geschlossenen Beinen und über dem Kopf ausgebreiteten Armen. Sie bildet ein Y nach.

N = No = ich brauche keine Hilfe: Eine Person seht aufrecht mit geschlossenen Beinen, hebt den rechten gestreckten Arm und senkt den linken. Sie formt den mittleren schrägen Balken des Buchstaben N.

Dieses System eignet sich auch, um ggf. mit einem Helikopterpiloten zu kommunizieren und seine Fragen mit Ja oder Nein beantworten zu können.

Wanden & Trekking. Notruf per Handy ohne Empfang

  • Telefon ausschalten
  • Handy wieder anschalten, ohne die SIM-Card per Code freizuschalten
  • 112 wählen.

So bekommt man Zugang zu allen Netzen, unabhängig von Betreiber und Vertrag.

Wanden & Trekking. Siehe auch ...

> Apps für Wanderer & Bergsteiger

Wandern zum Seitenanfang

Notfall managen!

Wanden & Trekking. Maßnahmen

Selbstschutz hat oberste Priorität! Die Gruppe braucht eine einsatzfähige Führung, ein Verletzter braucht einsatzfähigen Retter.

Die Gruppe sollte in Sicherheit sein oder in Sicherheit gebracht werden. Gäste sollte man beschäftigen, das beugt blindem Aktionismus, Hilflosigkeit und Hysterie vor. Gruppe weiterhin führen!

Verletzten vor weiterem Übel schützen, aus der Gefahrenzone bringen (Rautek-Griff, Ziehen an Kleidung oder per Plane)

Erste Hilfe leisten (regelmäßig Kenntnisse auffrischen!)

Erste Hilfe Schema

Notruf absetzen (im Zweifel für den Helikopter! Bsp. Nepal)

Verletzten betreuen (Zuspruch, Wärme, Beobachten ...)!!!
Ggf. muss man den Verletzten zum Lande- oder Bergeplatz transportieren, da der Helikopter nicht überall landen kann. Nicht jeder Helikopter hat eine Seilwinde.

Gruppe nicht vergessen (Bsp. Zugspitze)! Auch hier können sich Verletzte, Erschöpfte oder Unterkühlte befinden, auf die in der Rettungshektik keiner achtet.

Wanden & Trekking. Notruf absetzen

Übersicht verschaffen
In der Ruhe liegt die Kraft

Notfall klar erfassen
Welche Notlage?
Welche Verletzungen?
Wie viele Personen?

Notrufnummer 112 ... oder?
Feuerwehr
Polizei
Rettungsleitstelle (direkte Nummer auf Handy speichern, beim ADAC erhältlich)
D: 112 (o.V.) oder 19222 (mit Vorwahl)
A: 140 (ohne Vorwahl, Bergrettung), 144 (ohne Vorwahl, Landrettung)
CH: 1414 (o.V.)
I: 118 (o.V.)

Wanden & Trekking. Welche Informationen?

Wo? Ortsbezeichnung, Koordinaten, Höhe ... (zuerst Standort angeben, falls Kontakt abbricht! Bsp. Handyakku)
Was?
Wie viele Verletzte?
Welche Verletzungen? Notarzt oder nicht
Wer? ... ruft an? Handynummer (ggf. Akku sparen, Leitung frei halten)
Wetter? für Heli
Hindernisse, getroffene Maßnahmen, eigene Mittel ...
Fragen lassen!

Siehe auch > Erkennen & helfen: Kreislaufkollaps, Sonnenstich, Unterzucker, Dehydrierung etc.

Wandern zum Seitenanfang

Helikopter-Rettung

Wanden & Trekking. Landefläche vorbereiten

50-100 m Anflugbereich
25 x 25 m Fläche
4 x 4 m möglichst ebene Aufsetzfläche
Landung gegen den Wind
Fläche aussuchen (hart, eben)
Hindernisse und lose Gegenstände wegräumen
Fläche ggf. markieren (Licht, Plane, Rauch ...)

Helikopter, Brenta

Wanden & Trekking. Helikopter einweisen

Gruppe aus dem Landebereich entfernen
Y mit Rücken zum Wind, Tuch oder Flatterband in der Hand
Landefläche räumen, wenn Pilot Stelle erkannt hat
Pilot entscheidet!
auf Zeichen des Piloten achten
Annäherung nur auf Zeichen und nur von vorn (Sichtbereich des Piloten) und nicht von der Bergseite

Wandern zum Seitenanfang

ein paar Zahlen

Wanden & Trekking. Unfallstatistik Alpen

Wanderunfälle 29,6 %
Unfälle beim Bergsteigen und Hochtourengehen 13,6 %
Unfälle beim Fels- und Eisklettern 12,8 %
Skitourenunfälle 11,0 %
Unfälle beim Pistenskilauf, Variantenfahren und Langlauf 28,3 %
Mountainbike-Unfälle 2,8 %
Quelle DAV: Auswertung der Versicherungsfälle der Mitglieder

Wanden & Trekking. Häufigkeit der Arztbesuche pro 1000 Stunden Sportausübung

Wandern (0,1)
Klettern (0,1)
Skitourengehen (0,3)
Mountainbiken (0,5)
Pistenskifahren (0,8)
Fußballspielen (2,6)
Volleyball/Beachvolleyball (2,3)
Nicht berücksichtigt ist bei dieser Art der Einstufung die Schwere der Unfallfolgen!

Nebel im Hochgebirge

Wandern zum Seitenanfang

Literatur

Wanden & Trekking. Empfehlenswerte Quellen

Pit Rohwedder: Outdoor Leadership. Führungsfähigkeiten, Risiko-, Notfall- und Krisenmanagement für Outdoorprogramme (Praktische Erlebnispädagogik).

Pit Schubert: Sicherheit und Risiko in Fels und Eis (Band 1-3). Spannende Schilderung und Analyse unterschiedlichster Bergunfälle in den Alpen.

Wanden & Trekking. Weitere Schriften

  • Panorama: Mitgliederzeitung des DAV
  • Berg & Steigen: Fachzeitschrift für Bergführer
  • Veröffentlichungen des DAV Sicherheitskreises
  • Bergunfallstatistik des DAV

Wanden & Trekking. Film

In Bergnot: Alpenurlauber in Gefahr. Gesendet 02.01.2019, Dokumentarfilm, SWR

Links

www.TrekkingGuide.de/gesundheit.htm: So bleibt man auf Wanderreisen gesund.

www.TrekkingGuide.de/wetter.htm: Vermeidung wetterbedingter Notfälle.

Bergwandern gefährlicher als Autofahren? Zum Unfallrisiko beim alpinen Wandern. Rainer Brämer (5 Seiten pdf)

Tourist-Online.de/bergsicherheits-guide: Viele Informationen zum Thema Bergsicherheit als kostenloser Download (pdf).

weitere Literatur unter > Literatur